Auch Forscher in Deutschland haben eine Methode entwickelt, um Coronaviren im Abwasser nachzuweisen. Die in Kläranlagen gemessene Virenfracht erlaubt Rückschlüsse auf die Anzahl der infizierten Menschen im Einzugsgebiet, wie die Goethe-Universität in Frankfurt am Main am Montag mitteilte. Die Testmethode sei als Frühwarnsystem geeignet, um anzuzeigen, ob der Corona-Grenzwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner überschritten wird, was eine Verschärfung der Maßnahmen nach sich ziehen kann.
Seit Beginn der Pandemie arbeiten Forscher an Methoden, den Nachweis von Sars-CoV-2-Viren im Abwasser für die Überwachung des Infektionsgeschehens in der Bevölkerung zu nutzen. Das Prinzip scheint einfach: Da Infizierte die Viren über die Fäkalien abgeben, könnten Abwasserproben Aufschluss über die Infektionszahlen aller an eine Kläranlage angeschlossenen Einwohner liefern.
Frankfurter Experten und Aachener Wasserforscher konnten nun erstmals für Deutschland zeigen, dass sich Genmaterial der Coronaviren mit modernen molekularen Methoden in Kläranlagen nachweisen lässt. Analysen ergaben in allen neun im April beprobten Kläranlagen drei bis 20 Genkopien pro Milliliter Abwasser. Diese Konzentration wurde auch in Studien in den Niederlanden und den USA gemessen.
In der aktuellen Studie fanden die Forscher in der größten Kläranlage eine Menge an Genmaterial, die schätzungsweise 1037 akuten Corona-Fällen im Einzugsgebiet entspricht. In kleineren Kläranlagen war die Virenfracht geringer, und die Zahl der Corona-Fälle wurde auf 36 geschätzt.
Die Experten wollen den Test nun möglichst schnell praxistauglich machen. Hoffnungen, die Genauigkeit der Abwasseruntersuchung würde ausreichen, die Dunkelziffer der nicht erfassten Infizierten zu bestimmen, erfüllten sich bislang allerdings nicht.