Paläste in Schutt: Explosionen in Beirut zerstörten auch viele Baudenkmäler

Symbolbild: Palast in Beirut
Symbolbild: Palast in Beirut

Einst galt Beirut als „Paris des Nahen Ostens“. Doch 15 Jahre Bürgerkrieg und jahrzehntelange Vernachlässigung durch die Regierung haben viele der architektonischen Schätze der libanesischen Hauptstadt ruiniert. Die Explosionskatastrophe vor einer Woche hat zahlreichen Baudenkmälern nun den Rest gegeben. 

Mehr als 200 Jahre alte Fenster liegen in Scherben, auch die Holzpaneele mit arabischer Kalligraphie sind kaputt. Wenige Tage nach der Katastrophe führt Tania Ingea durch ihren Palast in der Sursock-Straße – ein paar hundert Meter vom Hafen entfernt, wo das falsch gelagerte Ammoniumnitrat explodierte. Die Familie Sursock – eine der reichsten der Stadt – baute den Palast im 18. Jahrhundert, samt Säulengang aus Marmor. 

Viele Einrichtungsgegenstände sind weit älter als der Staat Libanon, der in diesem Jahr sein hundertstes Gründungsjubiläum feiert. Jetzt sieht der Palast aus wie nach einem Erdbeben. „Als wäre das Haus geschändet worden“, sagt Ingea. „Die Gegenwart wurde von der Vergangenheit abgeschnitten.“ Ein Teil der Geschichte der Stadt sei verloren gegangen. 

Gleich neben dem Palast liegt das Kunst-Museum Sursock, in dem noch vor wenigen Monaten eine viel beachtete Picasso-Ausstellung zu sehen war. Im Hof stapeln sich nun Jutesäcke mit Schutt am Fuße der herrschaftlichen Treppe, auf der sich Brautpaare so gern fotografieren ließen. Wo bis vor gut einer Woche das Licht durch die bunten Glasfenster leuchtete, klaffen nun Löcher. 

Der Palast wurde 1912 in venezianischem und osmanischem Stil errichtet und ein halbes Jahrhundert später von dem leidenschaftlichen Kunstsammler Nicholas Sursock in ein Museum umgewandelt. Erst 2015 war das Museum nach achtjähriger Renovierung wieder eröffnet worden. 

Die Gebäudestruktur sei bei den Explosionen intakt geblieben, sagt der Architekt Jacques Aboukhaled. Aber der Rest sei völlig zerstört. „Ich habe nicht mit so schweren Schäden gerechnet.“ Der Wiederaufbau werde mehr als ein Jahr dauern und Millionen Dollar kosten, sagt Aboukhaled voraus.

Das Nationalmuseum dagegen ist vergleichsweise glimpflich davongekommen. Nur die Fassade sei beschädigt, sagt Kulturminister Abbas Mortada nach einer ersten Inspektion nach den Explosionen. Die riesige Sammlung umfasst griechische, römische und phönizische Statuen. Im Bürgerkrieg hatte der damalige Kurator die wichtigsten Exponate vor Plünderern gerettet, indem er sie in Beton eingoss. 

Viele bedeutende Bauwerke Beiruts aus osmanischer Zeit und der des französischen Mandats liegen in der Nähe des Hafens und wurden durch die Detonation schwer getroffen. Hunderte unter Denkmalschutz stehende Gebäude seien beschädigt, sagt Mortada. Die Wiederherstellung werde „hunderte Millionen Dollar“ kosten. 

Der Minister hofft dabei auf Unterstützung aus dem Ausland, insbesondere aus Frankreich. „Wir müssen schnellstmöglich mit den Renovierungsarbeiten beginnen“, sagt er. „Denn wenn wir vor dem Winter nicht fertig sind, besteht große Gefahr.“ 

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