Russland: Bevölkerung soll bereits ab Januar mit „Sputnik V“ geimpft werden

Symbolbild: Spritze mit medizinischem Stoff/Impfung
Symbolbild: Spritze mit medizinischem Stoff/Impfung

Russland hat nach den Worten von Präsident Wladimir Putin als erstes Land der Welt einen wirksamen Impfstoff gegen das Coronavirus entwickelt. Die Impfung sei an diesem Morgen in Russland zugelassen worden, sagte Putin am Dienstag während einer vom Fernsehen übertragenen Videokonferenz mit Regierungsvertretern. „Ich weiß, dass sie wirksam ist, dass sie dauerhafte Immunität gibt“, fügte er hinzu. Heißen wird der Impfstoff „Sputnik V“.

Die Bevölkerung soll bereits ab Januar mit dem neuen Stoff geimpft werden, wie russische Agenturen unter Berufung auf das Arzneimittelregister des Gesundheitsministeriums berichteten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) reagierte jedoch zurückhaltend auf die Ankündigung. Sie kündigte an, alle Daten über die „Sicherheit und Wirksamkeit“ des russischen Impfstoffs genau zu überprüfen, bevor sie ihr grünes Licht geben werde.

Laut dem russischen Investmentfonds, der das Projekt mitfinanziert, wird der Impfstoff nach dem sowjetischen Sputnik-Satelliten benannt, der im Oktober 1957 als erster Satellit weltweit in eine Umlaufbahn um die Erde gebracht wurde. 

Laut Fondschef Kirill Dmitrijew soll am Mittwoch die dritte und letzte klinische Testphase für „Sputnik V“ (V für Virus) beginnen. Die industrielle Produktion soll demnach im September starten. Dmitrijew zufolge gibt es bereits Vorbestellungen von 20 Ländern in einem Umfang von „mehr als einer Milliarde Dosen“.

Bei „Sputnik V“ handelt es um einen Impfstoff, der am Gamaleja-Institut für Epidemiologie in Moskau gemeinsam mit dem Verteidigungsministerium entwickelt wurde. Dabei handelt es sich um einen sogenannten Vektor-Impfstoff – das bedeutet, er stützt sich auf ein für den Menschen ungefährliches Virus, das dann so verändert wird, dass es eine Infektion mit dem Coronavirus verhindert. Als Vektorvirus genutzt wird das Adenovirus, mit dem auch die Universität von Oxford arbeitet.

Nach Angaben des Gesundheitsministeriums sorgt die zweimalige Impfung mit dem Stoff für eine „lange Immunität“. Diese könnte demnach bis zu zwei Jahre anhalten. Die für Gesundheitsfragen zuständige Vize-Regierungschefin Tatjana Golikowa hofft nach eigenen Angaben, bereits in den kommenden Wochen mit der Impfung des medizinischen Personals beginnen zu können. Lehrer sollen ebenfalls zum ersten Personenkreis zählen, der geimpft wird.

Putin berichtete, dass sich auch eine seiner Töchter im Rahmen der Tests mit dem neuen Stoff habe impfen lassen. Sie habe eine leicht erhöhte Temperatur entwickelt, „das war alles“, sagte er. Am wichtigsten sei es aber, dass „wir in der Zukunft die völlige Sicherheit der Impfung garantieren können“, fügte der Kremlchef hinzu.

Russland hatte bereits Anfang August angekündigt, ab September mit der Massenproduktion eines Impfstoffes zu starten. Ausländische Experten äußerten schon vorher ihre Besorgnis über die Geschwindigkeit, mit der das Land einen eigenen Impfstoff entwickelt. 

Die WHO forderte Russland damals auf, sich bei der Herstellung eines Corona-Impfstoffes an die festgelegten Richtlinien für die Produktion sicherer und wirksamer Medikamente zu halten. WHO-Sprecher Christian Lindmeier wies in dem Zusammenhang darauf hin, dass Russland bisher noch keine überprüfbaren Studien über seine Forschungsergebnisse veröffentlicht habe. 

Es bestehe ein Unterschied, ob tatsächlich ein funktionierender Impfstoff gefunden wurde, der alle vorgeschriebenen Testphasen durchlaufen habe, oder ob nur die Vermutung da sei, einen solchen Impfstoff gefunden zu haben, fügte der WHO-Sprecher schon damals hinzu.

Derzeit arbeiten weltweit Labore fieberhaft an der Entwicklung eines Corona-Impfstoffes. Insgesamt sechs von westlichen Firmen und von China entwickelte Impfstoffe befinden sich bereits in der dritten und letzten Phase der klinischen Tests. Am Dienstag starteten in Indonesien Tests mit dem Impfstoff CoronaVac des chinesischen Unternehmens Sinovac Biotech. Er wird bereits in Brasilien an 9000 Ärzten, Pflegern und Krankenschwestern getestet.

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