Senatorin auf historischer Mission: Joe Biden macht Kamala Harris zu seiner Vize-Kandidatin

Kamala Harris - Bild: Gage Skidmore / CC BY-SA 2.0
Kamala Harris - Bild: Gage Skidmore / CC BY-SA 2.0

Eigentlich wollte Kamala Harris sich in diesem Jahr als erste Frau in der US-Geschichte zur Präsidentin wählen lassen. Doch nach einem fulminanten Start im Bewerberrennen der Demokraten verlor die Senatorin den Anschluss und warf schließlich das Handtuch. Jetzt hat Präsidentschaftskandidat Joe Biden die 55-Jährige, eine der bekanntesten schwarzen Politikerinnen des Landes, zu seiner Vize-Kandidatin im Rennen um das Weiße Haus gemacht. 

Bei einem Wahlerfolg gegen Präsident Donald Trump im November würde Harris dann doch noch Geschichte schreiben – als erste Frau und erste Schwarze im Amt des Vizepräsidenten.

Dass Biden sich für Harris als so genannten Running Mate entschied, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Bei einer TV-Debatte der demokratischen Präsidentschaftsbewerber hatte die Kalifornierin mit jamaikanisch-indischen Wurzeln den Ex-Vizepräsidenten im vergangenen Jahr scharf angegriffen.

Sie warf dem 77-Jährigen in einem viel beachteten Wortgefecht vor, sich in der Vergangenheit gegen ein Programm gestemmt zu haben, das schwarze Kinder mit Bussen in vornehmlich weiße Schulen fuhr. Sie selbst habe als kleines Mädchen in Kalifornien von dem Programm zur Überwindung der Rassentrennung profitiert. Vor der nächsten Fernsehdebatte bat Biden Harris scherzhaft um Milde: „Schone mich, Kind.“

Doch das Verbalscharmützel liegt jetzt schon mehr als ein Jahr zurück. Im Dezember stieg Harris aus dem Präsidentschaftsrennen aus, im März stellte sie sich hinter Biden. „Ich bin stolz, sie jetzt als meine Partnerin in diesem Wahlkampf zu haben“, erklärte Biden am Dienstag.

Er hat viele gute Gründe, mit der Senatorin an seiner Seite in den Wahlkampf gegen Trump zu ziehen. Harris hat große Erfahrung: Nach Jahren als Staatsanwältin in San Francisco wurde sie 2011 als erste Frau und erste Schwarze Generalstaatsanwältin und damit Justizministerin von Kalifornien. Sechs Jahre später zog sie in den Senat in Washington ein, als zweite afroamerikanische Frau in der Geschichte.

Mit scharf formulierten Fragen kann Harris politische Gegner in die Ecke drängen – und mit einem herzhaften Lachen Sympathien gewinnen. Sie ist außerdem, wie Biden am eigenen Leib erfuhr, sehr gut im Debattieren – eine im Wahlkampf wichtige Qualität.

Natürlich spielt auch Harris‘ Hautfarbe eine Rolle. Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz Ende Mai und den dadurch ausgelösten landesweiten Black-Lives-Matter-Protesten stieg der Druck auf Biden, eine nicht-weiße Kandidatin auszuwählen. Harris soll helfen, die Wählerstimmen von Schwarzen und Frauen zu mobilisieren.

Allerdings betrachten nicht wenige Harris‘ Vergangenheit als kalifornische Justizministerin als Problem. Sie galt damals als hart und wenig reformorientiert, was sie insbesondere bei Minderheiten umstritten macht.

„Sie wird von einigen Leuten dieser Gemeinschaft, vor allem jungen Schwarzen, als Teil des Problem angesehen, nicht als Teil der Lösung“, sagt der Politikprofessor David Barker. Bürgerrechtsaktivisten halten Harris aber zugute, unter anderem mit der Veröffentlichung von Daten zu Polizeigewalt für viel Transparenz gesorgt zu haben.

Harris wurde 1964 im kalifornischen Oakland als Tochter eines aus Jamaika eingewanderten Wirtschaftsprofessors und einer aus Indien stammende Krebsforscherin geboren. Sie studierte an der historischen Schwarzen-Universität Howard University in Washington und machte einen Jura-Abschluss an der University of California. Seit 2014 ist sie mit einem Anwalt verheiratet, der zwei Kinder mit in die Ehe brachte.

Ihre steile Justiz-Karriere führte sie in die Politik und nun zur Kandidatur für die Vizepräsidentschaft. Und der Traum von der Präsidentschaft ist sicherlich nicht ausgeträumt: Das in greifbare Nähe gerückte Amt des Vizepräsidenten war in der US-Geschichte oft ein Sprungbrett ins höchste Staatsamt. Sollte Harris an Bidens Seite das Weiße Haus erobern, könnte sie weiter an Statur gewinnen – und so irgendwann Bidens Nachfolgerin werden.

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