Der Mobilfunkanbieter Telefónica Deutschland mit der Marke O2 will die Präsenzpflicht seiner Angestellten völlig abschaffen. Die Beschäftigten sollen künftig weitgehend eigenständig entscheiden, wo und wann sie arbeiten, wie Telefónica-Personalchefin Nicole Gerhardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte. „Viele – auch mich – hat es überrascht, wie reibungslos die Arbeit im Homeoffice funktioniert. Dadurch ist ein Durchbruch gelungen.“
Meetings sollen bei dem Unternehmen künftig grundsätzlich virtuell stattfinden, Dienstreisen um 70 Prozent reduziert werden. Dabei steht nach Angaben der Managerin nicht primär eine Kostensenkung im Fokus. Telefónica gehe es um mehr Produktivität und auch um Klimaschutz. Ein Teil der Einsparungen solle an die Beschäftigten zurückzugeben werden: „Wir werden entweder in die Mitarbeiterentwicklung investieren oder an gemeinnützige Organisationen spenden“, sagte Gerhardt den RND-Zeitungen.
Bei der Planung der Arbeitswoche solle das Ergebnis zum Dreh- und Angelpunkt werden und nicht, wo und wie es zustande komme, betonte die Personalchefin. „Der Mitarbeiter soll künftig stärker selbst entscheiden, für welche Aufgabe er wann und wo am produktivsten arbeiten kann.“ Das bringe mehr Autonomie, aber auch mehr Selbstverantwortung. „Da muss in allen Unternehmen noch viel getan werden. Aber es ist absolut richtig, von der starren Ausrichtung an der Arbeitszeit wegzukommen.“
Gerhardt räumte ein, dass bei aller Flexibilisierung „unmittelbare soziale Interaktion“ nach wie vor wichtig sei. Deshalb verfolge das Unternehmen ein Hybridmodell: „Zu bestimmten Zeiten, etwa wenn neue Mitarbeiter anfangen, ist es wichtig, dass sie alle Kollegen auch persönlich kennenlernen – nicht nur am Bildschirm.“
Gerhardt sagte, eine neue Flexibilität führe dazu, dass Beschäftigte sogar ihre Lebensmodelle überdenken würden. So falle es Frauen leichter, in Vollzeit wieder einzusteigen und nicht in Teilzeit arbeiten zu müssen. Zugleich sei Telefónica effizienter in der Information der Belegschaft geworden. „Es gab Videokonferenzen, in denen über 2000 Mitarbeiter gleichzeitig teilnahmen“, sagte die Managerin.