Vergiftung: Ärzte kämpfen um das Leben von Kreml-Kritiker Nawalny

Symbolbild: Ärzte um einen Patienten vor einer Operation - Bild: gpointstudio - Adobe Stock
Symbolbild: Ärzte um einen Patienten vor einer Operation - Bild: gpointstudio - Adobe Stock

Große Sorge um den bekannten Kreml-Kritiker Alexej Nawalny: Ärzte kämpfen um das Leben des russischen Regierungsgegners – nach Angaben seiner Sprecherin wurde der vergiftet. Nawalny sei in ein künstliches Koma versetzt worden und werde beatmet, erklärte am Donnerstag seine Sprecherin Kira Jarmysch. Demnach hatte der 44-Jährige während eines Fluges plötzlich das Bewusstsein verloren. Sie sei sich sicher, dass Nawalny gezielt vergiftet worden sei, sagte Jarmysch.

Die behandelnden Mediziner auf der Intensivstation des Krankenhauses im sibirischen Omsk täten alles, „um sein Leben zu retten“, sagte der stellvertretende Direktor der Klinik, Anatoli Kalinitschenko. Nawalnys Zustand sei „stabil“.

Der Kreml-Kritiker befand sich nach Angaben seiner Sprecherin im Flugzeug auf dem Rückweg von der sibirischen Stadt Tomsk nach Moskau, als er plötzlich ohnmächtig wurde. Wegen des Vorfalls machte das Flugzeug in Omsk eine Notlandung. 

Sie habe Nawalny auf dem Weg zum Flughafen in Tomsk getroffen, wo er noch „völlig gesund“ gewirkt habe, sagte Jarmysch. Am Flughafen habe der 44-Jährige nur einen Schwarztee getrunken. „Direkt nach dem Abflug verlor er ziemlich schnell das Bewusstsein“, sagte sie. Sie sei überzeugt davon, dass er „absichtlich vergiftet wurde“.

Im Internet wurden diverse Fotos und Videos veröffentlicht. Auf einem Foto ist zu sehen, wie Nawalny am Flughafen aus einem Papierbecher trinkt. Auf Twitter schrieb Jarmysch: „Wir glauben, dass Alexej mit etwas vergiftet wurde, das in seinen Tee gemischt war.“ Die behandelnden Ärzte bestätigten dies zunächst nicht. Es liege noch keine Diagnose vor, sagte der Klinik-Vizedirektor Kalinitschenko. 

Nawalny ist einer der prominentesten Kritiker von Staatschef Wladimir Putin. Die Stiftung des Anwalts deckt immer wieder Fälle von Korruption und den dekadenten Lebensstil von Vertretern der russischen Elite auf. Die Enthüllungen erfolgen vor allem über das Internet.

Nawalny selbst wurde schon mehrfach festgenommen und zu Haftstrafen verurteilt. Derzeit bereist er Russland, um die Wahl von Putin-Unterstützern bei landesweiten Regionalwahlen im September zu verhindern.

Der Chef der Justizabteilung seiner Stiftung, Wjatscheslaw Gimadi, schrieb auf Twitter, es gebe „keine Zweifel“, dass Nawalny „wegen seiner politischen Standpunkte und Aktivitäten vergiftet“ wurde. Seine Anwälte forderten laut Gimadi deshalb Ermittlungen wegen versuchten Mordes. 

Nach Angaben von Nawalnys Sprecherin Jarmysch befragten Ermittler am Donnerstag einen Arzt in der Klinik in Omsk. Journalisten berichteten, es seien auch Agenten des Geheimdienstes FSB vor Ort. 

Der Kreml wünschte Nawalny eine baldige Genesung. „Wir wissen, dass er sich in einem ernsten Zustand befindet“, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow. „Wie jedem Bürger der Russischen Föderation wünschen wir ihm eine schnelle Genesung.“

Die Nachrichtenagentur Tass zitierte einen Vertreter der Sicherheitskräfte, der Zweifel an den Angaben aus Nawalnys Umfeld äußerte. „Wir können nicht ausschließen, dass er gestern getrunken hat oder selbst etwas eingenommen hat“, sagte der Informant. Der Kreml-treue Sender Ren TV berichtete über angebliche Hinweise auf „Trunkenheit“. Nawalnys Sprecherin Jarmysch bezeichnete die Berichte als „vollkommenen Blödsinn“.

Nawalny war in der Vergangenheit bereits mehrfach attackiert worden. 2017 wurde er am Auge verletzt, als Angreifer ihn vor seinem Büro mit einer antiseptischen grünen Flüssigkeit besprühten. Im August vergangenen Jahres erlitt Nawalny in Polizeigewahrsam Hautausschläge und sein Gesicht schwoll an. Er saß damals eine kurze Haftstrafe wegen des Aufrufs zu ungenehmigten Protesten ab.

Ärzte im Krankenhaus sagten anschließend, er habe eine allergische Reaktion erlitten, doch Nawalny forderte Ermittlungen wegen Vergiftung. „Er wurde in Polizeigewahrsam vergiftet“, sagte seine Sprecherin nun im Radio. „Ich bin sicher, dass jetzt das Gleiche passiert ist.“ Diesmal seien es aber andere Symptome – „offensichtlich ein anderes Gift“, mutmaßte Jarmysch.

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