Nach heftiger Kritik will der britische öffentlich-rechtliche TV-Sender BBC nun doch das Singen patriotischer Hymnen bei dem Musik-Festival „Last Night of the Proms“ erlauben. „Eine ausgewählte Gruppe von BBC-Sängern“ werde die beiden Lieder „Rule Britannia!“ (Herrsche, Britannien!) und „Land of Hope and Glory“ (Land der Hoffnung und Herrlichkeit) singen, teilte die BBC am Mittwoch mit. Zuvor wollte der Sender wegen der Bezüge zur Kolonialzeit und Sklaverei nur Orchester-Versionen ohne Gesang zulassen.
Die Ankündigung der Zensur der traditionellen Aufführung hatte vergangene Woche für Kritik in der britischen Öffentlichkeit gesorgt. Premierminister Boris Johnson hatte gesagt, das Land solle mit seiner „kläglichen Verschämtheit über unsere Geschichte“ aufhören.
Die „Proms“ werden bereits seit 1895 aufgeführt. Wegen der Corona-Pandemie finden sie dieses Jahr ohne Publikum statt. „Rule Britannia!“ und „Land of Hope and Glory“ gehören dabei zum Standard-Programm. Sie werden gewöhnlich von einem Orchester aufgeführt, während die Zuschauer mitsingen und den Union Jack, die britische Flagge, schwenken.
„Rule Britannia!“ basiert auf einem gleichnamigen Gedicht und enthält die Zeilen: „Britannien, herrsche über die Wellen/Briten werden niemals, niemals, niemals Sklaven sein“. „Land of Hope and Glory“ von Komponist Edward Elgar ist eine ähnliche Ode an die britische Besonderheit und wird von Kritikern als Verherrlichung des Kolonialismus angesehen.
Die Veranstalter hatten befürchtet, dass die Hymnen nach den Anti-Rassismus-Protesten der vergangenen Monate unpassend wären. Konservative Stimmen sagten hingegen, die Hymnen sollten bei den „Proms“ aufgeführt werden, um zu zeigen, dass Großbritannien seine Geschichte anerkennt.