30 Jahre Deutsche Einheit – in Potsdam und Brandenburg wird dieses Jubiläum mit einer aufwändigen Freiluft-Expo einen Monat lang, bis zum 04. Oktober zelebriert. Zwar musste ein rauschendes Bürgerfest wegen der Corona-Pandemie ausfallen. Trotzdem wurde unter dem Motto „30 Jahre, 30 Tage, 30 Mal Deutschland“ großer Aufwand betrieben, um den Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober zu würdigen. Doch steht der Aufwand, stehen die Feierlichkeiten im Verhältnis zur Bedeutung, die dieser Tag für die Menschen im Land hat?
„Die Feierlichkeiten abzusagen war keine Option. 30 Jahre Deutsche Einheit hat eine andere Bedeutung als das Oktoberfest“, sagt Thomas Braune. Er ist Mitarbeiter der Staatskanzlei Brandenburg und hat die Ausstellung maßgeblich mitgestaltet. Er findet nationale Feiertage wichtig. „Bei der Expo wollen wir uns aber auf die 30 gemeinsamen Jahre fokussieren. Da gibt es genug zu erzählen.“
Nicht ganz so leicht fällt dem 61-Jährigen die Antwort auf die Frage, was der Feiertag eigentlich für eine Bedeutung hat, für ihn und die Ausstellungsbesucher. „Wir haben jetzt den 3. Oktober als Feiertag, viele Leute hätten sich aber auch einen anderen Tag vorstellen können, der emotionaler besetzt ist“ und der nicht nur „den technokratischen Vorgang des Beitritts“ markiert.
An einem regnerischen Freitagmittag Ende September schieben sich vor allem Rentnergruppen in bunten Regenjacken und Schulklassen, ausgestattet mit Arbeitsblättern rund um das historische Ereignis, über die Ausstellung. Über mehrere Kilometer führt die „EinheitsExpo“ durch Potsdam. Zwischen den Exponaten der Bundesländer und der Verfassungsorgane, die aussehen wie verglaste Schiffscontainer, stehen große Video-Würfel. Auf ihren metergroßen Flächen spielen kurze Interviewausschnitte.
Von einem lächelt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf die Passanten hinab. Was er sagt geht in diesem Moment im Verkehr unter. Von einem Würfel gegenüber des Potsdamer Filmmuseums spricht die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD). Die Passanten bleiben stehen, hören zu und ziehen weiter. Sie erzählt, wie sie die Deutsche Einheit erlebt hat. Sie redet aber nicht über 3. Oktober 1990, sondern vom 9. November 1989, dem Tag des Mauerfalls.
Braune ist in der ehemaligen DDR geboren. Die deutsche Geschichte habe sein Leben in zwei Hälften geteilt. Der Tag der Deutschen Einheit gehört fest in seine Biografie, er habe davon profitiert, sagt er, und fügt kritisch hinzu: „Ich glaube, dass ein Verfassungsgebungsprozess zumindest atmosphärisch zur Deutschen Einigung besser beigetragen hätte, als der pure Beitritt, der es war.“
Anstelle von Einheit sehen die Besucher der Expo vor allem alleinstehende Exponate. Bundesländer, die sich als Urlaubsziele oder Vorreiter in Sachen Forschung präsentieren. Auf die Frage nach dem Einheitsgedanken hinter der Ausstellung verweist Braune auf die Kommission „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“, die die Bundesregierung im April 2019 eingerichtet hat, um die Feierlichkeiten zu planen.
Für die Ausstellung hat die Kommission den Stadtkanal mit meterlangen schwarz-rot-goldenen Bändern geschmückt. „Es ist wichtig, dass sich ein staatliches Gemeinwesen als solches auch zu erkennen gibt“, sagt Braune. Hier im Stadtkanal sind auch die wichtigsten Stationen der Wende auf Tafeln nachgezeichnet.
Doch die Deutsche Einheit lässt sich nicht nur aus einer Perspektive zeigen, der historischen, der politischen oder der wirtschaftlichen. Braune wünscht sich für die Besucher der Ausstellung, dass die Vielfalt als Wert im Gedächtnis bleibt.