EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel hält die aktuell abwartende Haltung der Europäischen Zentralbank in der Corona-Krise für richtig. Sie sagte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP, „dass es mehr Informationen darüber braucht, wie sich die Pandemie entwickelt, wie sich unsere Maßnahmen auf die Realwirtschaft übertragen“ und wie anhaltend die Währungskursentwicklungen seien. „Wir sind noch immer mitten in der Pandemie“, betonte sie.
Der EZB-Rat hatte auf seiner Sitzung am vergangenen Donnerstag keine Ausweitung des Programms zur Stützung der Corona-geplagten Wirtschaft beschlossen. Das Gremium habe außergewöhnlich hohe Unsicherheit wahrgenommen und beschlossen, abzuwarten, sagte Schnabel – gleichzeitig sei die EZB bei weiteren Veränderungen handlungsbereit.
Die Notenbank sehe derzeit eine „langwierige Erholung, die Zeit braucht“, sagte die Wirtschaftswissenschaftlerin mit Blick auf die Wirtschaftskraft sowie insbesondere auf die Inflation im Euroraum. Hier gebe es trotz der zuletzt negativen Preisentwicklung mittelfristig ermutigende Zeichen.
Bislang hält Schnabel geld- und fiskalpolitische Stützen für die Wirtschaft noch für nötig und hilfreich – es sei „gefährlich“, Wirtschaftshilfen voreilig einzustellen. „Aber wir sind uns alle bewusst, dass die Krise strukturelle Veränderung bringen wird.“ Mit Blick auf den ökologischen und digitalen Wandel sei es ein Fehler, zu versuchen, die alten ökonomischen Strukturen zu erhalten. „Stattdessen müssen wir sicherstellen, dass die Krisenmaßnahmen den Übergang zu einem nachhaltigen Wachstumskurs unterstützen.“
Schnabel ist seit diesem Jahr Mitglied des Direktoriums der Zentralbank. Zuvor war die Ökonomin unter anderem eine der sogenannten Wirtschaftsweisen der Bundesregierung.