Fast hundert Festnahmen in Hongkong bei Protesten gegen verschobene Wahl

Panoramablick auf Hongkong
Panoramablick auf Hongkong

In Hongkong sind bei Protestaktionen gegen die Verschiebung der usprünglich für diesen Sonntag vorgesehenen Regionalwahl fast hundert Menschen festgenommen worden. Bis zum Nachmittag wurden mindestens 90 Menschen festgenommen, die meisten von ihnen wegen unerlaubter Versammlungen, wie die Polizei im Online-Dienst Facebook mitteilte.

Hunderte Polizisten patrouillierten im Stadtteil Kowloon, um nach Online-Aufrufen spontane Flash-Mob-Aktionen der Demokratie-Bewegung zu durchkreuzen. Immer wieder waren Rufe wie „Gebt mir meine Wahl zurück!“ oder „Korrupte Polizisten!“ zu hören, während Polizisten Menschen anhielten und durchsuchten und Gruppen aufforderten, sich aufzulösen.

Mehrere Stunden zuvor hatte die neu gebildete nationale Sicherheitseinheit der Polizei den Demokratie-Aktivisten und Radio-DJ Tam Tak Chi festgenommen – wegen „umstürzlerischer Worte“. Nähere Angaben machte die Polizei nicht.

Die für diesen Sonntag geplante Wahl des Legislativrates war Ende Juli von der Regierungschefin der Sonderverwaltungszone, Carrie Lam, offiziell wegen der Coronavirus-Pandemie um ein Jahr verschoben worden. Dieser Schritt wurde von pro-demokratischen Kräften in der Stadt heftig kritisiert. Sie hatten gehofft, bei der Wahl erstmals die Mehrheit im Legislativrat  zu erringen. Diese Hoffnung zerschlug sich durch die Verschiebung sowie den Ausschluss mehrerer Aktivisten von der Wahl.

Hongkongs Wahlsystem begünstigt pekingfreundliche Parteien, indem nur die Hälfte der 70 Sitze durch direkte Wahl vergeben wird. Die restlichen Abgeordneten werden von einer Vielzahl von Industriegremien und speziellen Interessengruppen zuverlässig im Interesse Pekings bestimmt.

Das Ende Juni von China verabschiedete sogenannte Sicherheitsgesetz erlaubt den Behörden in Hongkong ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit bedrohen. Das Gesetz bedeutet den bislang schwersten Eingriff in den Autonomiestatus Hongkongs. Der früheren britischen Kronkolonie waren bei ihrer Übergabe an China 1997 eigentlich für 50 Jahre Sonderrechte nach dem Prinzip „Ein Land – zwei Systeme“ gewährt worden, darunter Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

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