Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich besorgt über den jüngsten Anstieg der Corona-Infektionszahle gezeigt. „Aktuell kann unser Gesundheitssystem gut mit der Situation umgehen, aber die Dynamik in ganz Europa besorgt“, schrieb Spahn am Samstag im Kurzbotschaftendienst Twitter. Das Robert-Koch-Institut hatte zuvor eine Zahl von fast 2300 Neuinfektionen gemeldet – das bedeutet einen Tages-Höchstwert seit April.
Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sabine Dittmar, zeigte sich beunruhigt. Sie sei zunehmend besorgt, „dass sich auch in Deutschland wieder mehr ältere Menschen infizieren und dann auch die Hospitalisierungsrate und die Todesfälle wieder zunehmen“, erklärte Dittmar. „In Europa und Teilen Deutschlands können wir genau das beobachten.“
Gesundheitsminister Spahn will laut einem Medienbericht die Verteilung künftiger Corona-Impfstoffe in Deutschland bis Ende Oktober regeln. Dazu sollten Ärzte, Ethikexperten und Sozialwissenschaftler Grundsätze erarbeiten, berichteten die Zeitungen der Funke Mediengruppe unter Berufung auf Regierungskreise. Die Expertengruppe soll neben Mitgliedern der Ständigen Impfkommission (Stiko) beim Robert Koch-Institut auch Forscher der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und Mitglieder des deutschen Ethikrates umfassen.
Begründet werde der Schritt damit, dass die Frage der Verteilung angesichts zunächst knapper Impfdosen nicht nur eine medizinische, sondern auch eine ethische und sozialpolitische Dimension habe, hieß es in dem Bericht. Das Verteilungskonzept soll im Detail festgelegt werden, wenn ein konkreter Impfstoff zugelassen ist und dessen möglicherweise spezifische Wirkung bei einzelnen Bevölkerungsgruppen bekannt ist.
Spahn hatte sich mehrfach dafür ausgesprochen, grundsätzlich zuerst Menschen mit Vorerkrankungen, ältere Menschen und Beschäftigte im Gesundheitswesen und in der Pflege zum Zuge kommen zu lassen. Der Bund will die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs durch deutsche Unternehmen mit 750 Millionen Euro fördern. Weltweit befinden sich derzeit neun Impfstoffkandidaten gegen das neuartige Coronavirus in der dritten und letzten Testphase. In dieser Phase wird das Mittel an tausenden Menschen erprobt.
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte, eine notwendige Priorisierung bei der Verteilung des Impfstoffs nicht Beamten, Wissenschaftlern oder Ethik-Experten zu überlassen. „Denn es gilt, für volle Transparenz und Verteilungsgerechtigkeit zu sorgen“, forderte Brysch. Die Leitlinien für die Zuteilung der Impfstoffe müsse deshalb der Bundestag festlegen. Nur die Abgeordneten verfügten über die demokratische Legitimation, externe Gremien könnten allein Empfehlungen erarbeiten.