Galeria Karstadt Kaufhof ist der Sanierung näher gekommen: Die Gläubiger stimmten dem Insolvenzplan für die Warenhauskette am Dienstagnachmittag zu, wie Unternehmenschef Miguel Müllenbach gemeinsam mit dem Generalbevollmächtigten Arndt Geiwitz und dem gerichtlich bestellten Sachwalter Frank Kebekus mitteilte. Demnach sollen etwa 4000 Mitarbeiter der Karstadt- und Kaufhof-Filialen ihren Arbeitsplatz verlieren, viele davon Teilzeitkräfte. 47 der gut 170 Warenhäuser sollen geschlossen werden.
„Mit etwas Glück und Mühe werden es vielleicht auch noch ein paar weniger“, sagte Kebekus. Anfangs hatten rund 80, Mitte Juni dann noch rund 60 Filialen auf der Streichliste gestanden. Das laufende Schutzschirm-Verfahren wird laut Kebekus „mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ nach sechs Monaten zum 1. Oktober beendet.
Müllenbach äußerte sich kurz vor der Verkündung in einem Brief an die Beschäftigten zuversichtlich, dass sein Konzern dann schuldenfrei sei. Anschließend sagte er in Essen, Galeria müsse nun als ganzes, aber in geänderter „Aufstellung“ ins 21. Jahrhundert gebracht werden. Bis Freitag sind in Essen weitere Gläubigerversammlungen für Tochterunternehmen geplant.
Auf der Gläubigerversammlung am Dienstag in der Messe Essen wurde etwa sechs Stunden lang hinter verschlossenen Türen über die Zukunft des insolventen Warenhauskonzerns beraten. Dabei brachten die Insolvenzbeauftragten ihren Plan nach eigenen Angaben ohne inhaltliche Änderungen durch – sieben einzeln relevante Gläubigergruppen stimmten demnach zu durchschnittlich über 90 Prozent zu. Sie bestätigten auch Kebekus in seinem Amt sowie die Eigenverwaltung von Karstadt Kaufhof.
Etwa 100 Gläubiger und Gläubigervertreter saßen vor dem Podium in der Corona-gerecht bestuhlten Messehalle – laut Kebekus vertraten sie 1,7 Milliarden Euro der insgesamt angemeldeten Forderungssumme von rund drei Milliarden Euro.
Diese Summe werde am Ende sicher nicht bestehen bleiben, betonte Geiwitz. Den Angaben zufolge können die Gläubiger bislang erst auf eine Auszahlung von 500 Millionen Euro hoffen. Eine genaue Summe sei aber erst in mehreren Monaten absehbar.
Vor Beginn des nicht öffentlichen Treffens demonstrierten einzelne Betriebsräte und Tarifkommissionsmitglieder der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi gegen die im Insolvenzplan vorgesehenen Filial- und Stellenstreichungen. „Das ist ein Plan, und Pläne können angepasst und verändert werden“, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger.
Die Gläubigerversammlung sei ein „Zwischenschritt“; es gelte „dranzubleiben“, sagte sie. Insolvenzverwalter, Management und der Eigentümer Signa müssten in die Verantwortung genommen werden. Gleichzeitig müsse weiter mit den Kommunen über die Zukunft der Filialen gesprochen werden, verlangte Nutzenberger.
„Arbeiten wir daran, dass nun etwas Neues entsteht“, forderte die Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast. Im Fall Karstadt Kaufhof gehe es um ein Stück deutsche Einzelhandelsgeschichte, um Arbeitsplätze – und darum, „wie wir vor lauter Online-Handel attraktive Innenstädte und damit auch Warenhäuser und Geschäfte erhalten“. Dazu seien auch neue Konzepte für die verbleibenden Kaufhof-Standorte notwendig. „Ein einfaches ‚Weiter so‘ führt nicht in die Zukunft.“
Galeria Karstadt Kaufhof, seit dem vergangenen Jahr vollständig im Besitz der Signa-Gruppe des Österreichers René Benko, war in der Corona-Krise ins Schlingern geraten. Auch Bemühungen um einen Hilfskredit und Mietstreichungen konnten die Insolvenz nicht abwenden.
Nach der ersten Karstadt-Insolvenz im Jahr 2009 hatte Benko 2013 die Mehrheit gekauft und die Warenhauskette 2015 komplett übernommen. 2018 fusionierten dann Karstadt und Galeria Kaufhof, im Sommer 2019 übernahm Signa sämtliche Anteile.