Göring-Eckardt kritisiert Seehofers Angebot an Flüchtlinge aus Moria

Katrin Göring-Eckardt MdB, Buendnis 90/Die Gruenen Bundestagsfraktion; Fotograf Harry Weber
Katrin Göring-Eckardt MdB, Buendnis 90/Die Gruenen Bundestagsfraktion; Fotograf Harry Weber

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat das deutsche Angebot zur Aufnahme minderjähriger Flüchtlinge aus dem abgebrannten Lager Moria als völlig unzureichend kritisiert. „Das ist noch nicht einmal eine Geste“, sagte Göring-Eckardt bei einem Besuch in Moria der Nachrichtenagentur AFP in einem Telefoninterview. „Das ist die Verweigerung dessen, was man von der deutschen Ratspräsidentschaft in Europa erwartet – nämlich die Sache in die Hand zu nehmen.“

Die Grünen-Politikerin hält sich seit Donnerstagabend auf der griechischen Insel Lesbos auf, wo sich das Lager befindet. Sie forderte in dem AFP-Interview Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, unverzüglich eine „Koalition der Willigen“ aus EU-Staaten zu schmieden, die Flüchtlinge aufnehmen wollten: „Das kann sie als Ratspräsidentin machen, das kann sie vorantreiben.“

Ein deutsch-französischer Plan sieht bislang lediglich vor, die 400 unbegleiteten Minderjährigen aus Moria an aufnahmewillige EU-Länder zu verteilen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte am Freitag an, dass Deutschland bis zu 150 von ihnen aufnehmen werde. „Bei weitem nicht genug“, sagte dazu Göring-Eckardt. „Wir haben Kapazitäten, die weit über das hinausgehen, was Seehofer sagt.“

Die Grünen-Fraktionschefin forderte das Bundesinnenministerium auf, nun unverzüglich bei aufnahmewilligen Bundesländern und Kommunen in Deutschland abzufragen, wie viele Flüchtlinge dort jeweils unterkommen könnten. „Bislang hat Seehofer solche Angebote immer blockiert, das ist das Problem“, sagte Göring-Eckardt. Seehofer müsse Ländern und Kommunen freie Hand bei der Aufnahme von Flüchtlingen lassen, wenn sie dies wünschten.

Die Lage vor Ort in Moria schilderte Göring-Eckardt als desolat. „Die Menschen sagen, sie haben nicht genug Wasser, nicht genug zu essen“, sagte sie. „Da ist einfach keine Hilfsstruktur da.“ Die Soforthilfe laufe nur schleppend an: „Wenn es irgendeine andere Katastrophe wäre mitten in Europa, dann wäre ich sicher, dass man sehr viel schneller Hilfsstrukturen aufgebaut hätte.“

„Moria war noch nie ein guter Ort“, sagte die Grünen-Politikerin. „Was wir jetzt hier sehen sind die Trümmer eines Systems, das wir so nie wieder aufbauen dürfen.“

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