In der Diskussion um Konsequenzen aus dem Giftanschlag auf den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny hat Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt einen sofortigen Stopp des deutsch-russischen Pipelineprojekts Nord Stream 2 gefordert. „Die Bauarbeiten an der Pipeline in Mecklenburg-Vorpommern müssen sofort eingestellt werden und die Bundesregierung muss jetzt einen wasserdichten Weg aufzeigen, wie das Projekt beendet werden kann“, sagte Göring-Eckardt den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montagsausgabe).
Dabei müsse auch die emissionsrechtliche Genehmigung der Pipeline und das Risiko von Lecks nochmal genau untersucht werden, riet die Grünen-Politikerin. Im Falle einer Fortsetzung des Pipeline-Projekts mache Deutschland „gemeinsame Sache mit einen Regime, das nicht davor zurückschreckt, verbotene Massenvernichtungsmittel einzusetzen, um Menschen zu vergiften – im eigenen Land wie bei Nawalny, aber auch mitten in der der EU, wie der Fall Skripal gezeigt hat“.
Zudem forderte die Grünen-Politikerin Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) auf, seine Tätigkeit für das russische Staatsunternehmen Gazprom aufzugeben. „SPD-Alt-Kanzler Schröder muss sich jetzt entscheiden, ob er auf der Seite der Demokratie und der Menschenrechte steht“, sagte Göring-Eckardt.
Schröder ist Präsident des Verwaltungsrates der Nord Stream 2 AG, bei der der russische Energiekonzern Gazprom formal einziger Anteilseigner ist. Kritiker werfen ihm vor, in seiner Position Lobby-Arbeit für den Kreml zu betreiben.
Auch der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Johann Wadephul (CDU), sagte dem „Tagesspiegel“ (Sonntagsausgabe), Schröder müsse „umgehend seine Ämter und Posten in Russland aufgeben“. Für den Giftanschlag auf Nawalny trage schließlich allein die russische Regierung die Verantwortung. Auch wenn Moskau dies leugne, dürfe das gerade ein ehemaliger Bundeskanzler „weder politisch noch moralisch“ ignorieren, sagte Wadephul. Schröder müsse zeigen, dass er „noch politischen Anstand und Wertmaßstäbe besitzt“.
Die Mehrheit der Deutschen ist laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für die „Augsburger Allgemeine“ ebenfalls dafür, dass Schröder seine Ämter bei russischen Staatsunternehmen aufgibt. 53,4 Prozent der Befragten befürworten demnach, dass sich der Altkanzler als Konsequenz aus dem Fall Nawalny zurückzieht, nur 33,1 Prozent der Befragten haben kein Problem mit seinen Posten. Der Rest ist unentschieden.
Nawalny wird seit dem 22. August in der Berliner Charité behandelt, nachdem er zwei Tage zuvor während eines Fluges in Russland zusammengebrochen war. Die Bundesregierung erklärte am Mittwoch, dass Nawalny „zweifelsfrei“ mit einem chemischen Nervenkampfstoff aus der sogenannten Nowitschok-Gruppe vergiftet worden sei. Das Gift war in den 1970er Jahren von sowjetischen Wissenschaftlern entwickelt worden.