Mario Adorf: Vom „Winnetou“-Schurken zur deutschen Filmikone

Archivbild: Mario Adorf - Bild: Siebbi / CC BY
Archivbild: Mario Adorf - Bild: Siebbi / CC BY

Fast wäre es nichts geworden mit einer Filmkarriere, die heute als eine der größten in Deutschland gilt: Als Mario Adorf Anfang der 50er Jahre an der Münchner Otto-Falckenberg-Schule vorsprach, patzte er. Doch ein einzelner Prüfer stimmte die anderen zugunsten einer Aufnahme Adorfs um, weil dieser „Kraft und Naivität“ verkörpere. Ein Mix, den Adorf, der am Dienstag 90 Jahre alt wird, noch immer ausstrahlt.

Dass Adorf mittlerweile ein greisenhaftes Alter erreichte, ist ihm kaum anzumerken. Das Gehör schwächelt etwas, aber der Geist wirkt hellwach. Noch zu Jahresbeginn kam ein neuer Film mit ihm ins Fernsehen: In „Alte Bande“ spielte er einen 80 Jahre alten Boxer.

Am 8. September 1930 kam Adorf in Zürich als das uneheliche Kind seiner Mutter Alice zur Welt, die von einem verheirateten italienischen Arzt schwanger geworden war. Die Mutter zog mit ihm in die Eifel, konnte aber kaum das nötige Geld verdienen und musste Mario zwischenzeitlich ins Waisenhaus geben. 

Der Junge schaffte das Abitur, begann ein Studium der Germanistik und Philosophie. Vor allem die Schauspielerei reizte ihn. Direkt nach der Schauspielschule bekam er ein Engagement an den Münchner Kammerspielen und spielte bald erste Filmrollen.

Adorf gehört zu der großen Generation junger Schauspieler, die in dem Weltkriegsdrama „08/15“ eine Rolle spielte. 1957 spielte er in „Nachts, wenn der Teufel kam“ den angeblichen Frauenmörder Bruno Lüdke, einen geistig Behinderten. Dessen angeblicher Fall während der NS-Zeit gilt mittlerweile allerdings als erfunden, weshalb sich Adorf gerade erst in der Wochenzeitung „Die Zeit“ von der Rolle distanzierte.

Adolf war fortan auf die Rolle des Schurken abonniert. Regelrecht verachtet wurde er vom Publikum, weil er 1963 im Millionenerfolg „Winnetou“ als Halunke Santer Winnetous liebreizende Schwester Nscho-tschi erschoss.

Adorf machte danach in den 60er Jahren auch eine internationale Karriere. Er lebte in Rom, spielte in vielen italienischen Produktionen und genoss nach eigenen Worten das Dolce Vita. „Wie man mit wenig Geld leicht und wunderbar leben konnte“, habe er damals erlebt. Aufträge bekam er auch in Hollywood – doch als er wegen seines dichten schwarzen Haars auf die Rolle des Mexikaners abonniert werden sollte, wandte er sich ab.

Eine Wende zum Charakterdarsteller ermöglichte Adorf Anfang der 70er Jahre der neue deutsche Film. Eigentlich wollte dieser mit etablierten Stars nichts zu tun haben. Doch Regisseur Volker Schlöndorff war ein Adorf-Fan: „Es kann doch nicht sein, dass wir an einem solchen Schauspieler vorbei gehen“, sei damals sein Gedanke gewesen, erinnerte sich Schlöndorff vor einigen Jahren in der ARD.

Er besetzte Adorf in „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ und danach in der mit dem Oscar ausgezeichneten Verfilmung „Die Blechtrommel“. Auch Rainer Werner Fassbinder engagierte nun Adorf – und Helmut Dietl. Im Kinoerfolg „Rossini“ etwa, oder in der Serie „Kir Royal“. Legendär wurde der von Adorf gespielte Generaldirektors Haffenloher, der den Klatschreporter Baby Schimmerlos anblaffte: „Ich scheiß dich sowas von zu mit meinem Geld, dass du keine ruhige Minute mehr hast.“

Über 200 Rollen spielte der in zweiter Ehe seit 35 Jahren mit Monique Faye verheiratete Adorf. Klassiker wie „Allein gegen die Mafia“, „Der große Bellheim“, „Der Schattenmann“ oder „Die Affäre Semmeling“ sind darunter. Seit Anfang der 90er Jahre veröffentlichte Adorf auch mehrere Bücher.

Von seinem Bühnenpublikum verabschiedete er sich im vergangenen Jahr mit dem Programm „Zugabe!“. Dass er weitere Filme dreht, schließt er nicht aus. Doch auch auf den Tod bereitet Adorf sich vor. „Ich hoffe mal, mir bei diesem Thema die Gelassenheit zu bewahren, die mir schon früh in meinem Leben nachgesagt worden ist“, sagte er einmal dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Anzeige



Anzeige

Avatar-Foto
Über Redaktion des Nürnberger Blatt 44940 Artikel
Hier schreiben und kuratieren die Redakteure der Redaktion des Nürnberger Blatt