Messerangriff bei früherem „Charlie-Hebdo“-Sitz entsetzt Paris

Paris, Frankreich
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Mehr als fünf Jahre nach dem blutigen Anschlag auf die Redaktion der französischen Satirezeitung „Charlie Hebdo“ sorgt ein Messerangriff vor demselben Pariser Gebäude für Entsetzen. Die Anti-Terror-Ermittler verdächtigen einen 18-Jährigen, dort am Freitag zwei Journalisten einer Agentur attackiert und schwer verletzt zu haben. Zuvor hatte das Terrornetzwerk Al-Kaida wegen der erneuten Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen durch „Charlie Hebdo“ mit einem Anschlag gedroht.

Die französische Anti-Terror-Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen wegen „Mordversuchs im Zusammenhang mit einer terroristischen Tat“ und „Bildung einer Terrorgruppe“ ein. Neben dem 18-Jährigen wurde ein 33-Jähriger nahe des Tatorts am Pariser Bastille-Platz festgenommen. Die Polizei war im Großeinsatz, die Umgebung des Tatorts wurde abgeriegelt.

Der jüngere Hauptverdächtige stammt nach ersten Erkenntnissen aus Pakistan und soll der Polizei wegen anderer Delikte bekannt sein. Die mögliche Verbindung zu dem 33-Jährigen werde noch untersucht, hieß es von der Staatsanwaltschaft.

Zeugen des Vorfalls sagten aus, gegen Mittag habe der Täter einen Mann und eine Frau vor dem Gebäude der Agentur Premières Lignes angegriffen, die unter anderem eine bekannte Investigativsendung im französischen Fernsehen produziert. Die beiden Opfer seien „sehr schwer verletzt“ worden, sagte Agenturgründer Paul Moreira der Nachrichtenagentur AFP. Sie schweben aber nach Angaben der Regierung nicht in Lebensgefahr.

Nach Angaben von Staatsanwalt Rémy Heitz ereignete sich der Angriff „vor dem Gebäude, wo früher die Redaktion von ‚Charlie Hebdo‘ saß“. In derselben Straße hat auch die Medienagentur ihren Sitz. Seit dem Anschlag von 2015 arbeiten die Mitarbeiter von „Charlie Hebdo“ an einem geheimen Ort unter Polizeischutz.

Eine der Mitarbeiterinnen der Agentur war Zeugin des Angriffs: „Die beiden Kollegen haben vor dem Gebäude eine Zigarette geraucht. Dann habe ich Schreie gehört“, sagte die Frau, die anonym bleiben wollte. „Ich bin ans Fenster gegangen und habe einen meiner Kollegen blutüberströmt gesehen. Er wurde von einem Mann mit einem Hackbeil verfolgt.“

Frankreichs Premierminister Jean Castex sagte bei einem Besuch am Tatort, der Staat werde unermüdlich weiter „gegen den Terrorismus“ und „für die Pressefreiheit“ kämpfen. Anwohner äußerten sich schockiert: „Ich dachte, es fängt schon wieder an“, sagte eine Frau, die auch den Anschlag vom Januar 2015 erlebt hatte.

Bei dem Angriff auf „Charlie Hebdo“ hatten zwei Islamisten zwölf Menschen kaltblütig ermordet, darunter einige der bekanntesten Karikaturisten Frankreichs. Unter dem Schlagwort „Je suis Charlie“ (Ich bin Charlie) ging danach eine beispiellose Welle der Solidarität um die Welt

Derzeit läuft in Paris der Prozess gegen 14 mögliche Hintermänner der Anschläge. Sie sollen die beiden Brüder Chérif und Saïd Kouachi unterstützt haben, die am 7. Januar 2015 die Redaktionsräume von „Charlie Hebdo“ stürmten. Die Islamisten wurden auf der Flucht erschossen, zu der Tat bekannte sich Al-Kaida im Jemen.

Zum Verfahrensbeginn Anfang September hatte die Satirezeitung erneut die umstrittenen Mohammed-Karikaturen veröffentlicht, wegen derer das Blatt zur Zielscheibe geworden war. Sie zeigen unter anderem den Propheten Mohammed mit einer Bombe anstelle eines Turbans. 

Daraufhin drohte Al-Kaida erneut mit einem Anschlag. Laut „Charlie- Hebdo“-Redaktionsleiter Laurent Sourisseau richteten sich die Drohungen gegen „alle Medien und sogar den Präsidenten der Republik“. In Pakistan, der Türkei und anderen muslimisch geprägten Ländern kam es wegen der Karikaturen zu Protesten.

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