Der russische Botschafter Sergej Netschajew hat die Bundesregierung vor einer „Politisierung“ des Falls Alexej Nawalny gewarnt. Solange die Situation nicht geklärt sei, rufe er dazu auf, auf „vorläufige Einschätzungen zu verzichten und sich nur auf die Fakten zu stützen“, sagte Netschajew am Donnerstag dem ZDF.
Nawalny war am 22. August mit Vergiftungserscheinungen aus Russland zur ärztlichen Behandlung nach Berlin geflogen worden. Er wird seither in der Universitätsklinik Charité behandelt. Die Bundesregierung teilte am Mittwoch mit, der Kremlkritiker sei „zweifelsfrei“ mit einem chemischen Nervenkampfstoff aus der sogenannten Nowitschok-Gruppe vergiftet worden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte den „versuchten Giftmord“ und kündigte an, dass gemeinsam mit EU und Nato über eine „angemessene“ Reaktion entschieden werde. Moskau müsse nun „sehr schwerwiegende Fragen“ beantworten, sagte sie.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) lud den russischen Botschafter „zu einem dringenden Gespräch“ ins Auswärtige Amt. Netschajew erklärte dazu am Donnerstag, dass bei dem Gespräch „keine Vorwürfe in Bezug auf Russland oder die russischen staatlichen Strukturen vorgebracht“ worden seien.
Nach Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wies auch Netschajew jede Schuld Moskaus an dem Giftanschlag zurück. „Die Vorwürfe, dass Russland irgendwie in diesen Vorgang verwickelt ist, sind aus unserer Sicht absolut fehl am Platze“, sagte er dem ZDF. Zu einer Klärung des Falls sei eine „akribische Zusammenarbeit von russischen und deutschen Experten und Ärzten“ nötig. Bis heute aber habe es keine Antwort Deutschlands auf ein entsprechendes Rechtshilfeersuchen der russischen Generalstaatsanwaltschaft gegeben.