Die Wahlkämpfer von US-Präsident Donald Trump und die seines Herausforderers Joe Biden sind leicht zu unterscheiden: Die Demokraten tragen Masken, die Republikaner keine. Bidens Team hält sich an die Schutzvorkehrungen in der Pandemie, Trumps Leute ignorieren sie. Das macht einen entscheidenden Unterschied beim Wahlkampf in Pennsylvania, einem der sogenannten Swingstates, in denen ein knapper Wahlausgang erwartet wird und dem deshalb besondere Aufmerksamkeit gilt.
„Wir gehen nicht von Tür zu Tür, um Wähler zu gewinnen“, sagt Christina Proctor, Vize-Vorsitzende der Demokraten im Bezirk Washington County in Pennsylvania. „Wir wollen unsere Freiwilligen keinem Risiko aussetzen.“ Ganz anders der Republikaner Tim O’Neal: Er habe seit Ende Juni an 3500 Türen im Bezirk geklopft und für Trump geworben, berichtet er.
Am Wochenende strömten Trump-Anhänger massenhaft in die drei Wahlkampfzelte, um sich Schilder für ihren Vorgarten und T-Shirts mit dem Slogan „Make America Great Again“ abzuholen. Es herrschte Feststimmung, einen Mundschutz trug keiner. Die Demokraten hingegen mühen sich, Pennsylvania im Online-Wahlkampf zurückzugewinnen. Die Kampagnen-Mitarbeiter bedecken Mund und Nase und reichen die Vorgarten-Schilder aus dem Büro.
„Ich bin frustriert“, sagt die Demokratin Proctor. „Trumps Leute verbreiten mit ihren Veranstaltungen Begeisterung und machen immer noch Haustürwahlkampf. Wir machen das nicht, weil wir die Pandemie ernst nehmen, und ich fürchte, dass uns das Nachteile einbringt.“
Bis 2016 war der Bundesstaat im Nordosten der USA fest in demokratischer Hand, doch dann gewannen die Republikaner Pennsylvania bei der Wahl mit einem sehr knappen Vorsprung von nur 44.000 Stimmen.
Die damalige demokratische Kandidatin Hillary Clinton sei selbst schuld daran gewesen, weil sie ein Ende des Kohleabbaus in der Bergbauregion forderte, sagt Dave Ball von den Republikanern in Washington County. Auch 2020 könnte Biden der Einsatz der Demokraten für den Klimaschutz in Pennsylvania zum Verhängnis werden. Diesmal geht es um Gasgewinnung durch die umstrittene Methode des Fracking, an der in der Region direkt und indirekt zehntausende Arbeitsplätze hängen.
Biden, der selbst aus Pennsylvania stammt, hatte zunächst angekündigt, als Präsident neue Fracking-Genehmigungen für öffentliches Land zu verbieten. Vergangene Woche jedoch sagte er, es werde kein Fracking-Verbot geben, auch wenn er grundsätzlich weg von fossilen Energieträgern wolle. „Das hat er zwar gesagt, aber ich glaube nicht, dass er sich daran halten wird“, sagt der Republikaner Ball und verweist auf führende Demokraten, die einen Stopp des Frackings fordern.
In der einstigen Bastion der Demokraten wächst der Anteil republikanischer Wähler weiter. Im Wahljahr 2016 hätten die Demokraten noch 14.000 mehr registrierte Wähler gehabt, sagt Ball. Inzwischen sei ihr Vorsprung auf 2000 geschrumpft.
Nicht zufällig reisen sowohl Trump als auch Biden am Freitag nach Pennsylvania, um dort ihre Anhänger zu mobilisieren. Es geht nach Shanksville zum Gedenken an den 19. Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September 2001. Dort hatten islamistische Extremisten das vierte Flugzeug zum Absturz gebracht, nachdem bereits zwei Flugzeuge in das World Trade Center in New York und ein weiteres in das Pentagon gelenkt worden waren.
Die Gesten und Worte der beiden Kontrahenten an diesem denkwürdigen Ort werden aufmerksam verfolgt werden. Landesweit liegt Biden derzeit in den Umfragen vorne, für Pennsylvania jedoch sagen die Meinungsforscher ein Kopf-an Kopf-Rennen voraus.
Und wie sich die Wähler in Pennsylvania an der Urne letztlich entscheiden, ist schwer vorherzusehen. Das hat auch der Republikaner O’Neal bei seinem Haustürwahlkampf erfahren. „Ich habe eingefleischte Republikaner erlebt, die Trump nicht unterstützen“, berichtet er. „Und überzeugte Demokraten, die für ihn sind.“