Von der Leyens erste Rede zur Lage der EU

EP Plenary session - State of the Union - Bild: Daina Le Lardic
EP Plenary session - State of the Union - Bild: Daina Le Lardic

Gut neun Monate nach ihrem Amtsantritt hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ihre erste Rede zur Lage der Europäischen Union gehalten. Unter dem Motto „Eine vitale Union in einer fragilen Welt“ legte sie darin ihre Ziele für die weitere Arbeit ihrer Behörde vor. Ein Überblick:

Klima

Um Europa wie vorgesehen bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen, will von der Leyen den CO2-Ausstoß in der EU bis 2030 bereits um mindestens 55 Prozent reduzieren. Bis zum Sommer kommenden Jahres will die Kommission dazu Gesetzesänderungen für einzelne Wirtschaftsbereiche wie Verkehr oder Gebäude sowie für den Emissionshandel auf den Weg bringen. Bisher liegt das EU-Reduktionsziel für 2030 bei 40 Prozent.

Corona-Pandemie

Nach den Alleingängen vieler Mitgliedstaaten zu Beginn der Corona-Pandemie will von der Leyen mehr Kompetenzen der EU im Gesundheitsbereich. Sie forderte „eine stärkere europäische Gesundheitsunion“, verlangte mehr Abstimmung auf europäischer Ebene und schlug die Schaffung einer europäischen Behörde für biomedizinische Forschung vor. Gleichzeitig warnte sie die EU-Regierungen vor „Impfstoff-Nationalismus“, wenn ein Schutz gegen Corona zur Verfügung steht.

Europäische Daten-Cloud

20 Prozent der Mittel aus dem 750 Milliarden Euro schweren Aufbaufonds gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise will die Kommissionspräsidentin für Digitalisierung ausgeben. Fördern will sie unter anderem Projekte für künstliche Intelligenz, die nächste Generation von Supercomputern und den Aufbau einer „europäischen Cloud“, damit gespeicherte Daten in Europa bleiben. Grundlage soll das deutsch-französische Projekt Gaia-X sein.

Mindestlöhne

Im Kampf gegen Sozialdumping kündigte von der Leyen einen Vorschlag an, der die Einführung von fairen Mindestlöhnen überall in der EU unterstützen soll. Sie will es dabei aber den Mitgliedstaaten überlassen, ob die Lohnhöhe durch Tarifverhandlungen oder über gesetzliche Vorgaben festgelegt wird.

Migration

Der Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria ist für von der Leyen „eine schmerzliche Erinnerung“ daran, dass die EU endlich eine neue Asyl- und Migrationspolitik beschließen muss. Hierzu will sie die bisherigen Dublin-Bestimmungen abschaffen, nach denen das Erstankunftsland für Asylverfahren zuständig ist. Auch die Seenotrettung muss aus ihrer Sicht Teil einer „humanen“ EU-Migrationspolitik sein. Konkrete Pläne will die Kommission kommenden Mittwoch vorstellen.

Anti-Rassismusbeauftragter

Erstmals will von der Leyen einen Anti-Rassismusbeauftragten der EU einsetzen. Sie wolle das Thema dadurch „ganz oben auf unsere Agenda“ setzen, sagte sie. Brüssel werde gegen jegliche Art der Diskriminierung vorgehen, „egal ob wegen Rasse, Religion, Geschlecht oder Sexualität“. Zum Schutz sexueller Minderheiten werde die Kommission zudem eine dezidierte Strategie vorlegen.

Brexit

Auch von der Leyen kritisierte die Pläne der britischen Regierung, das Brexit-Abkommen einseitig zu ändern. Sie warnte gleichzeitig vor einem Scheitern der laufenden Verhandlungen über ein Handelsabkommen und die künftigen Beziehungen. „Mit jedem Tag, der vergeht, schwinden die Chancen für eine rechtzeitige Einigung.“ 

Außenpolitik

Wie schon ihr Vorgänger Jean-Claude Juncker verlangte von der Leyen auch im Bereich der Außenpolitik die Möglichkeit von Mehrheitsentscheidungen, um Europa handlungsfähiger zu machen. Zumindest bei der Verletzung von Menschenrechten und Sanktionsbeschlüssen müsse das Prinzip der Einstimmigkeit fallen, sagte von der Leyen.

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