Nach einer weiteren Verhandlungsrunde zum nächsten mehrjährigen Gemeinschaftshaushalt und dem Corona-Hilfsplan haben die Unterhändler des EU-Parlaments und der Mitgliedstaaten vorsichtigen Optimismus erkennen lassen. „Langsam kommt Bewegung in die Verhandlungen“, erklärte der Grünen-Europapolitiker Rasmus Andresen am Freitag. Es habe Fortschritt in einigen Fragen gegeben, schrieb auch ein Sprecher des verhandlungsführenden deutschen EU-Ratsvorsitzes auf Twitter.
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich im Juli nach tagelangen Verhandlungen auf ein Finanzpaket aus Haushalt und Wiederaufbauplan im Umfang von 1,8 Billionen Euro verständigt. Das EU-Parlament muss formell nur dem 1074 Milliarden Euro schweren EU-Haushalt für die Zeit von 2021 bis 2027 zustimmen. Dieser ist aber eng mit dem 750 Milliarden Euro umfassenden Fonds zur Überwindung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise verknüpft.
Die Abgeordneten verlangen eine Reihe von Änderungen, etwa eine stärkere finanzielle Ausstattung von Fördertöpfen für die Forschung oder des Austauschprogramms Erasmus+. Die Einigung der Mitgliedstaaten war in diesen Bereichen hinter den Forderungen der EU-Kommission und weit hinter den Forderungen des Parlaments zurückgeblieben. Nach dem Verhandlungsmarathon vom Juli besteht seitens der Mitgliedstaaten aber wenig Interesse, das Paket erneut aufzuschnüren.
Dem Sprecher der deutschen Ratspräsidentschaft zufolge bewegten sich die Verhandlungen zuletzt in einigen eher technischen Fragen in Richtung einer Einigung. „Es bestehen weiterhin Differenzen, einschließlich der ‚Aufstockung‘ des EU-Haushalts“, fügte er hinzu. „Das Europäische Parlament kämpft um jede Milliarde für Umwelt, Gleichstellung, Digitales, Forschung und für Minderheiten“, unterstrich der Abgeordnete Andresen.
Besonders kompliziert dürfte es darüber hinaus noch beim sogenannten Rechtsstaatsmechanismus werden. Die Forderung nach härteren Regelungen für Kürzungen bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit eint eine breite Mehrheit von konservativen, sozialdemokratischen, liberalen, grünen und linken EU-Abgeordneten. Andernfalls „werden wir nicht zustimmen“, sagte noch am Freitag Parlamentsvizepräsidentin Katarina Barley (SPD).
„Bei der Rechtsstaatlichkeit gibt es momentan wenig Bewegung, weil der Rat aktuell kein Verhandlungsmandat hat“, erklärte Andresen. Der EU-Gipfel im Juli hatte das Thema vage formuliert und eine endgültige Lösung aufgeschoben, um überhaupt eine Einigung zu erzielen. Ungarn, das wegen rechtsstaatlicher Verfehlungen seit Jahren in Brüssel am Pranger steht, drohte zuletzt offen mit einem Veto, sollten die Unterhändler der Mitgliedstaaten grünes Licht für einen Rechtsstaatsmechanismus geben.