Chinas Wirtschaft hat sich im Spätsommer weiter kräftig vom Corona-Schock erholt – und lässt andere Volkswirtschaften hoffen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg von Juli bis September um 4,9 Prozent im Vorjahresvergleich, wie die Statistikbehörde in Peking mitteilte. Analysten hatten sogar mit noch mehr gerechnet, im Schnitt erwarteten sie ein Plus von 5,2 Prozent.
Die Statistikbehörde erklärte am Montag vorsichtig, das internationale Handelsumfeld sei „nach wie vor kompliziert“. Analysten rechneten dagegen damit, dass die Erholung sich auch in den kommenden Monaten fortsetzen wird – getragen vom Konsum der Chinesen und von den Feiern zum Jahresende, wie Analyst Rajiv Biswas von IHS Markit erklärte. Im September hätten die Einzelhandelsumsätze das höchste Niveau seit Jahresbeginn erreicht, begründete der Analyst. Auch die Industrieproduktion verzeichnete im vergangenen Monat den höchsten Anstieg dieses Jahres.
In China war das Coronavirus im Dezember 2019 zuerst aufgetaucht und hatte sich dann weltweit ausgebreitet. Die Volksrepublik verhängte strenge Maßnahmen, um die Ausbreitung einzudämmen. Im ersten Quartal brach das BIP in China offiziellen Zahlen zufolge um 6,8 Prozent im Vorjahresvergleich ein. Mit den Lockerungen der Maßnahmen wuchs die Wirtschaft aber bereits im zweiten Quartal wieder um 3,2 Prozent – während andernorts die Konjunktur heftig einbrach.
Laut einer Studie des Kreditversicherers Euler Hermes konnte China so seine Position auf den Weltmärkten während der vergangenen Monate deutlich ausbauen. Vor der Corona-Krise standen die chinesischen Exporte für 20 Prozent des Welthandels – aktuell sind es 25 Prozent. Die Geschwindigkeit dieser Entwicklung sei „noch nie dagewesen“, heißt es in der Studie.
China ist zum Beispiel einer der größten Hersteller weltweit von Medizinprodukten, vor allem von Masken und Desinfektionsmitteln. Der Marktanteil bei Produkten zur Bekämpfung des Coronavirus stieg von 8,8 Prozent in den Jahren 2017 bis 2019 auf 11,5 Prozent im Schnitt in diesem Jahr, wie Euler Hermes mitteilte. Auch der Marktanteil von Produkten für die Heimarbeit wie Computer, Telefone oder Kopfhörer stieg von rund 27 Prozent auf 33 Prozent.
Der Studie zufolge konnte China seinen Exportanteil in einer Mehrheit der Märkte vergrößern, vor allem in Europa und Asien. Die USA sind wegen der politischen Spannungen die Ausnahme – hier sanken die Importe aus China im Vorjahresvergleich um fast 18 Prozent.
Die Entwicklung der chinesischen Exporte ist allerdings stark abhängig von der wirtschaftlichen Lage in den Empfängerländern – die wiederum von der Entwicklung der Pandemie dort abhängt. China selbst sei „absolut nicht gefeit vor der zweiten Welle“, warnte Analyst Ting Lu von der Bank Nomura. Erst vor kurzem gab es einen Corona-Ausbruch in der Millionenmetropole Qingdao.
Im Juni waren in der Hauptstadt Peking Massentests auf das Virus vorgenommen worden, nachdem es einen Ausbruch des Erregers in einem Lebensmittelmarkt gegeben hatte. Insgesamt beschreiben die chinesischen Behörden ihren Kampf gegen das Virus jedoch als große Erfolgsgeschichte: Die Pandemie soll demnach im Land weitgehend unter Kontrolle sein.
Der chinesischen Wirtschaft kommt für die konjunkturelle Wiederbelebung der schwer von der Corona-Krise gebeutelten Weltwirtschaft eine besondere Rolle zu; auch für viele deutsche Firmen sind Unternehmen in der Volksrepublik ein bedeutender Handelspartner. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet laut seiner Prognose von vergangener Woche damit, dass China schneller als erwartet zur Normalität zurückkehren wird. Das Wachstum korrigierte der IWF deutlich nach oben auf 1,9 Prozent. Damit ist China die einzige große Volkswirtschaft, die dieses Jahr ein Wirtschaftswachstum ausweisen wird.