Mit der „Gen-Schere“ Crispr/Cas9, deren Erfinderinnen Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna in diesem Jahr den Chemie-Nobelpreis erhalten, können Wissenschaftler gezielt Teile des Erbgutes löschen und ersetzen. Die Methode gilt verglichen mit anderen älteren gentechnischen Verfahren zur Manipulation am Genom als relativ zielgenau. Bestimmte DNA-Sequenzen werden ausgeschnitten und durch andere ersetzt. Wird die DNA von Keimzellen genutzt, vererben sich die geänderten Abschnitte an die nächste Generation.
Basis der vergleichsweise neuen Technologie bilden hochkomplexe natürliche Prozesse, mit denen sich Bakterien gegen Viren wehren. Sie erkennen eingeschleuste fremde Viren-DNA mithilfe bestimmter Proteine, zerschneiden sie und fügen Teile in ihr Erbgut ein. Im Prinzip wenden Biochemiker dieses Verfahren auch an, um DNA-Abschnitte im Rahmen von Züchtungen zu modifizieren.
Die Zielgenauigkeit von Crispr/Cas9 ist dabei viel höher als die von älteren gentechnischen Methoden wie der Kreuzung von Pflanzen oder Tieren. Forscher hoffen dadurch, Zeit bei der Züchtung neuer Sorten zu sparen und den Kampf gegen Krankheiten voranzutreiben.
Juristisch unterliegt die „Gen-Schere“ wie alle genverändernden Verfahren dem europäischen Gentechnikrecht. Dies stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil 2018 noch einmal klar. Durch Crispr/Cas9 modifizierte Pflanzen und Tiere sowie daraus herstellte Produkte müssen entsprechend gekennzeichnet sein. Züchter müssen zudem eine Sicherheitsüberprüfung machen.
Der Einsatz der „Gen-Schere“ bei Menschen ist in Deutschland strikt verboten, auch im Rahmen der Grundlagenforschung. Das Embryonenschutzgesetz von 1990 verbietet alle Eingriffe in die menschliche Keimbahn. Der Deutsche Ethikrat unterstützte das Verbot in einer im vorigen Jahr veröffentlichten Stellungnahme nochmals ausdrücklich. Die Risiken der Eingriffe ins menschlichen Erbgut seien bisher unkalkulierbar.