Dündar: „Man probiert jeden Weg aus, um mich zu bestrafen“

Can Dündar - Bild: Claude Truong-Ngoc / Wikimedia Commons - cc-by-sa-3.0 / CC BY-SA
Can Dündar - Bild: Claude Truong-Ngoc / Wikimedia Commons - cc-by-sa-3.0 / CC BY-SA

Der in Deutschland im Exil lebende Journalist Can Dündar sieht in der Beschlagnahmung seines Vermögens in der Türkei den Versuch der Regierung, ihn zum Aufgeben zu zwingen. „Man probiert jeden Weg aus, um mich zu bestrafen. Die Beschlagnahmung meines Vermögens ist ein neues Instrument, um die türkische Opposition auszuschalten“, sagte Dündar in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag.

Dündar hatte vor der Entscheidung des Gerichts zur Beschlagnahmung seines Vermögens am Mittwoch eine 15-tägige Frist bewusst verstreichen lassen und sich nicht bei den Behörden in der Türkei gemeldet. „Wäre ich eingereist, um mich bei den Behörden zu melden, würde ich jetzt im Gefängnis sitzen“, sagte der ehemalige Chefredakteur der Oppositionszeitung „Cumhuriyet“. Dündar fügte hinzu: „Am Ende habe ich mich entschieden, statt in einer Zelle zu sitzen, lieber auf meine Immobilien zu verzichten.“

Das Gericht hatte seine Entscheidung damit begründet, dass Dündar durch seine Abwesenheit „flüchtig“ geworden sei. Die Anordnung sieht auch das Einfrieren seiner Bankkonten vor.

Demotiviert habe ihn die Entscheidung nicht, sagte Dündar, der seit 2016 in Deutschland lebt. „Ich habe einen bewaffneten Angriff vor einem Gerichtsgebäude überlebt. Der Entschluss des türkischen Gerichts kann mich da nicht mehr schockieren, ich war auf das Schlimmste vorbereitet“, sagte er.

Dündar plant nach eigenen Angaben derzeit nicht, Deutschland zu verlassen. Er habe in Deutschland Freunde gefunden und sich ein Umfeld geschaffen, in dem er arbeiten könne. Das habe er auch „der deutschen Öffentlichkeit sowie meinen Journalistenkollegen hier im Land zu verdanken“, sagte er.

Dündar war 2016 in der Türkei wegen eines Berichts über geheime Waffenlieferungen der Türkei an Islamisten in Syrien zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Zuvor hatte die Veröffentlichung des Artikels den Zorn des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan auf sich gezogen. Erdogan beschuldigte Dündar, ein „Agent“ zu sein, der „Staatsgeheimnisse“ preisgegeben habe.

Die Türkei steht international regelmäßig wegen ihrer systematischen Einschränkung der Pressefreiheit in der Kritik. Das Land belegt derzeit den 154. Platz auf der Rangliste der internationalen Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen.

Anzeige



Anzeige

Avatar-Foto
Über Redaktion des Nürnberger Blatt 44940 Artikel
Hier schreiben und kuratieren die Redakteure der Redaktion des Nürnberger Blatt