Dunkle Wolken für Trump im sonnenverwöhnten Rentnerparadies

Donald Trump - Bild: Gage Skidmore / CC BY-SA
Donald Trump - Bild: Gage Skidmore / CC BY-SA

Zwei Besuche in einer Woche: Donald Trump lässt wenig Zweifel daran, wie wichtig ihm Florida ist. Der US-Präsident hielt in dem Bundesstaat am Montag seinen ersten Wahlkampfauftritt nach seiner Corona-Infektion ab und ist am Freitag erneut zu Besuch. Doch im „Sonnenschein-Staat“ vergrault Trump durch seinen Umgang mit der verheerenden Corona-Pandemie eine wichtige Wählergruppe: Senioren. Und die könnten im Rentnerparadies Florida bei der Präsidentschaftswahl am 3. November den Ausschlag geben.

„Für mich ist das Coronavirus die große Sache, weil es viele Menschen tötet und schlimmer wird“, sagt der 69-jährige Gregory Zec, der zusammen mit seiner Frau in Sarasota an Floridas Westküste lebt. Einige seiner Freunde und Verwandte seien an dem Virus erkrankt, einige hätten auf der Intensivstation behandelt werden müssen.

„Es sieht so aus, als ob bis zum Jahresende so viele Menschen daran sterben könnten wie (US-Soldaten) im Zweiten Weltkrieg“, sagt Zec. „Ich will nicht zu den Toten zählen, und ich will nicht, dass meine Frau zu den Toten zählt.“ 

In den USA sind schon mehr als 215.000 Menschen an den Folgen des Coronavirus gestorben, davon mehr als 15.500 in Florida, wo Sonnenschein und Traumstrände viele Menschen im Rentenalter anziehen.

Über-65-Jährige gelten als besonders Corona-gefährdet – eine Wählergruppe, die bei der Präsidentschaftswahl 2016 mehrheitlich für Trump gestimmt hatte. Zec will nicht sagen, wen er vor vier Jahren wählte. Aber in diesem Jahr, das stellt er klar, wird er auf keinen Fall Trump seine Stimme geben.

Zec ist kein Einzelfall. Umfragen zeigen, dass sich ältere Wähler von Trump abwenden. Laut einer kürzlich veröffentlichten Umfrage der Universität Quinnipiac kommt der republikanische Amtsinhaber bei Floridas Wählern über 65 Jahren auf nur 40 Prozent, sein Herausforderer Joe Biden auf 55 Prozent.

Der Politikwissenschaftler Eduardo Gamarra warnt zwar, die Situation sei „sehr instabil“. Es habe aber durchaus Bewegung bei Wählern im Rentenalter geben, „und das wahrscheinlich wegen der Pandemie“.

Dass Trump inzwischen wieder Wahlkampfveranstaltungen vor tausenden Anhängern abhält, die größtenteils keine Masken tragen, dürfte bei besorgten Rentnern wenig gut ankommen.

Fraglich auch, ob der 74-jährige Trump sich mit seinen ständigen persönlichen Attacken gegen seinen drei Jahre älteren Rivalen Biden einen Gefallen tut: Auf Twitter veröffentlichte der Präsident diese Woche eine Fotomontage, die Biden im Rollstuhl umgeben von gebrechlichen Senioren zeigt. Nicht gerade eine klassische Strategie, um ältere Wähler für sich zu gewinnen.

Biden jedenfalls umwirbt im Schlussspurt des Wahlkampfes ganz gezielt ältere Wähler – auch in Florida. „Der einzige Senior, der Donald Trump wichtig ist, ist der Senior Donald Trump“, sagte der Ex-Vizepräsident am Dienstag bei einem Besuch einer Anlage für betreutes Wohnen nahe Miami. „Sie sind entbehrlich, Sie sind unbedeutend, Sie sind niemand. So sieht er die Sache.“

Dass beide Kandidaten Florida und seinen älteren Wählern so viel Bedeutung beimessen, ist kein Zufall: Florida mit seinen 14 Millionen Wählern ist traditionell ein besonders umkämpfter Schlüsselstaat, der ganze Präsidentschaftswahlen entscheiden kann. Im Jahr 2000 verhalfen weniger als 540 Stimmen Vorsprung dem Republikaner George W. Bush zum Sieg in Florida – und damit zum Einzug ins Weiße Haus.

2016 siegte Trump hier mit weniger als eineinhalb Prozentpunkten Vorsprung gegen die Demokratin Hillary Clinton. Derzeit liegt Biden in Umfragen vor Trump, aber der Vorsprung ist gering, jede Stimme zählt. Womöglich gilt deswegen, was Lorraine Tuliano von der Rentnervereinigung Florida Alliance for Retired Americans sagt: „Floridas Senioren haben die Schlüssel zum Weißen Haus in der Hand.“

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