EU-Gipfel legt Kurs im Brexit-Streit mit Großbritannien fest

Brexit, London
Brexit, London

Im Brexit-Streit mit Großbritannien haben die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel in Brüssel über ihren weiteren Kurs beraten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte zum Auftakt, die EU wolle ein Handelsabkommen mit London, „aber natürlich nicht um jeden Preis“. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schloss aus, dass er im Streit um Fangrechte in britischen Gewässern die Interessen französischer Fischer opfern werde.

EU-Ratspräsident Charles Michel sprach von „schwierigen Verhandlungen“ mit London über ein Handelsabkommen. Die EU sei aber bereit, diese weiter fortzusetzen. Sie müsse dabei aber ihren Binnenmarkt und damit verbundene Arbeitsplätze schützen. Ziel müsse „ein faires Abkommen sein, von dem beide Seiten profitieren können“, sagte Merkel.

Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten. Bis Ende des Jahres bleibt es aber noch im EU-Binnenmarkt und der Zollunion. Diese Übergangsphase wollten beide Seiten eigentlich nutzen, um ein Handelsabkommen auszuhandeln. Doch die Gespräche kommen seit Monaten kaum voran. Hauptstreitpunkte sind faire Wettbewerbsbedingungen, die Kontrolle eines künftigen Abkommens und die Fangrechte für EU-Fischer in britischen Gewässern.

Diese Frage ist für Frankreich besonders wichtig, wie Präsident Emmanuel Macron in Brüssel nochmals klar machte. „Auf keinen Fall werden unsere Fischer die Opfer des Brexit sein“, sagte er. Sie müssten weiter Zugang zu britischen Gewässern erhalten. Irlands Ministerpräsident Micheal Martin sagte, auch für sein Land sei Fischerei „sehr wichtig“.

Luxemburgs Ministerpräsident Xavier Bettel räumte dagegen ein, dass die Fischerei-Frage für sein Land „nicht oberste Priorität“ hat. „Das heißt aber nicht, dass uns das egal ist.“ Denn die Stärke der EU in den Verhandlungen mit Großbritannien sei immer gewesen, gemeinsam die Interessen aller zu vertreten. „Geeint zu sein, ist unsere Stärke.“

Nach dem Entwurf der Gipfelschlussfolgerungen wollen die Staats- und Regierungschefs ihre „Besorgnis“ darüber äußern, „dass die Fortschritte in den Schlüsselfragen (…) immer noch nicht ausreichen, um eine Einigung zu erzielen“. Sie fordern weitere Verhandlungen und von Großbritannien, „die notwendigen Schritte zu unternehmen, um ein Abkommen möglich zu machen“.

Eine Frist für ein Ende der Gespräche wird nicht gesetzt. Der britische Premierminister Boris Johnson hatte im September gedroht, den Verhandlungstisch zu verlassen, falls es bis 15. Oktober keinen Durchbruch gebe. Am Mittwochabend ließ er nun erklären, er werde zunächst die Ergebnisse des EU-Gipfels abwarten. 

„Wir müssen auf beide Optionen vorbereitet sein: Deal und No Deal“, sagte Litauens Präsident Gitanas Nauseda. Die EU brauche „einen sehr klaren Notfallplan“.

Ein unterschriftsreifes Abkommen müsse „bis spätestens Ende Oktober“ vorliegen, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, David McAllister. Ansonsten sei die notwendige parlamentarische Kontrolle und Ratifizierung des Textes nicht mehr möglich.

Der Vorsitzende des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), bewertete die Chancen auf ein rechtzeitiges Abkommen noch mit 40 Prozent.

„Die EU darf sich von Johnson nicht erpressen lassen“, forderte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Franziska Brantner. „Ein voller Zugang zum europäischen Binnenmarkt braucht gleiche Standards für Umwelt, Klima, Soziales und Verbraucherschutz. Sonst mache Großbritannien „mit Dumping unseren Binnenmarkt kaputt“.

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