Grüne wollen radikalen Umbau der EU-Agrarpolitik – Plan für Systemwende bis 2031

Symbolbild: Agrar
Symbolbild: Agrar

Vor dem am Montag beginnenden EU-Agrarministerrat fordern die Grünen einen radikalen Umbau der europäischen Agrarpolitik. Die bisherigen „rein flächenbezogenen Direktzahlungen“ sollen auslaufen, heißt es in einem am Sonntag bekannt gewordenen Positionspapier. Stattdessen soll „zielgerichtet“ gefördert werden, geknüpft an Leistungen für biologische Vielfalt, Umwelt und Klima sowie Tierschutz. „Subventionen sollen das Arbeiten im Einklang mit Boden, Wasser und Luft honorieren und bäuerliche Betriebe erhalten“, sagte Renate Künast, Mitautorin des Papiers, der Nachrichtenagentur AFP.

Bisher fördere die Europäische Union (EU) nach dem Prinzip „Wer hat – dem wird gegeben“, heißt es in dem Grünen-Positionspapier, das AFP vorlag. Aktuell bekomme ein 50-Hektar-Betrieb 14.000 Euro, ein 5000-Hektar-Betrieb 1,5 Millionen Euro, „unabhängig davon, wie viele Leistungen für Umwelt-, Natur- und Klimaschutz sie erbringen“. Nach dem Willen der Grünen soll künftig gelten, dass diejenigen Landwirte, „die die meisten gesellschaftlichen Leistungen erbringen, die höchsten finanziellen Förderungen erhalten“.

Ein zentraler Punkt des Grünen-Konzepts ist die Überführung der „bisher weitestgehend undifferenziert gezahlten Direktzahlungen in eine Gemeinwohlprämie“. In dem Papier heißt es: „Bloßer Flächenbesitz darf nicht weiter vergoldet werden.“ Die Systemwende solle in vier Etappen bis zum Jahr 2031 erfolgen.

Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Konkret heißt das, Umwelt-, Klima- und Tierschutz zu einem integralen Bestandteil der Förderung zu machen.“ Der Agrarhaushalt als bisher größter Posten des EU-Haushalts biete „einen wirkmächtigen Hebel, um Steuermilliarden in Nachhaltigkeit zu investieren“. Bundestags-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte den Funke-Zeitungen, das Zukunftspaket der Grünen bringe „eine nachhaltige Landwirtschaft, auskömmliche Einkommen für die Bauern und mehr Umwelt- und Artenschutz“ zusammen.

Die Grünen werfen Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) vor, auf EU-Ebene einen Kurswechsel zu blockieren. Sie wolle die „ohnehin schon unzureichenden Vorschläge“ aus Brüssel „weiter abschwächen“, heißt es in dem Papier. „Wenn die Milliardensubventionen nicht gerechter und ökologischer verteilt werden, drohen weitere Bauernpleiten und ökologische Krisen verschärfen sich.“

Künast sagte zu AFP, Agrarindustrie und Europäische Union „machen den Bauern etwas vor, wenn sie sagen, alles könne beim Alten bleiben“. Das Grünen-Konzept zeige auf, „wie der dringend notwendige Systemwechsel der Landwirtschaft gelingen kann und für die Bauern verlässlich ist“, fügte die Grünen-Bundestagsabgeordnete und frühere Bundeslandwirtschaftsministerin hinzu.

Die Grünen betonen in dem Positionspapier, es stehe Landwirten selbstverständlich frei, auch „ohne ökologischen Zusatznutzen“ zu produzieren, „dann aber subventionslos“. Für „auskömmliche Erzeugerpreise“ werde eine Marktpolitik gebraucht, „die den Rahmen für eine faire Gestaltung der Märkte schafft“. Zudem müsse die regionale Erzeugung und Vermarktung gefördert werden. Der Zugang zum Markt insbesondere für Kleinerzeuger und direkte Erzeuger-Verbraucher-Kooperationen müsse gestärkt werden.

Als Autoren des Positionspapiers werden neun Grünen-Politiker aufgeführt. Neben Habeck, Hofreiter und Künast sind dies Friedrich Ostendorff, Harald Ebner, Markus Tressel, Franziska Brantner, Oliver Krischer und Martin Häusling.  

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