Als Donald Trump bei der Wahl 2016 in New York seine Stimme abgab, wurde er ausgepfiffen. Nach vier Jahren im Weißen Haus ist der Präsident in seiner Heimatstadt inzwischen aber mehr als nur unbeliebt: Zwischen Trump und New York herrscht offener Krieg, ausgetragen in verbalen Attacken und vor Gerichten.
Die größte Stadt der Vereinigten Staaten ist fest in der Hand der Demokraten, Wahlkampf vor der Abstimmung am 3. November lohnt sich für die Republikaner hier eigentlich nicht. Doch Trump kann es nicht lassen: Fast täglich attackiert er die Metropole. „Die Leute fliehen, Steuern und Kriminalität gehen durch die Decke. Wählen Sie Trump, ich werde das Ruder herumreißen und zwar schnell“, twitterte der Präsident am Montag.
New York sei eine „Geisterstadt“, behauptete er vergangene Woche in der TV-Debatte mit seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden, angesichts der tausenden Bewohner, die wegen der Pandemie die Metropole verlassen haben oder von zu Hause aus arbeiten. „Schauen Sie sich an, was aus meiner wunderbaren Stadt geworden ist…sie stirbt!“, sagte er. Die New Yorker reagierten mit Humor und stellten Fotos von belebten Straßen ins Netz.
Trump „wird in dieser Stadt von den meisten Menschen gehasst, außer vielleicht von denen mit Geld“, sagt die Rentnerin Susan Levin. Ihre Stimme hat sie schon für Biden abgegeben. Die wenigen Anhänger Trumps in der demokratischen Hochburg finden sich im Bezirk Staten Island und auch in manchen Vierteln von Queens und Brooklyn. Unter orthodoxen Juden ist er wegen seiner pro-israelischen Politik beliebt. Und auch die größte Polizeigewerkschaft der Stadt SBA ruft dazu auf, Trump wieder zu wählen.
Doch es ist davon auszugehen, dass Trump – der erste in New York geborene US-Präsident seit Theodore Roosevelt – sich in seiner Heimatstadt eine klare Niederlage einhandeln wird. 2016 hatten 79 Prozent der New Yorker für Hillary Clinton gestimmt.
Auf Wolkenkratzern und Hotels der Stadt prangt zwar Trumps Name, aber die New Yorker Elite „hat ihn nie akzeptiert“, sagt Kenneth Scarlett, ein Vertriebsmanager in Manhattan. „Seine Präsidentschaft ist das Gegenstück zu allem, wofür New York steht – Offenheit und Menschen aller Herkunft, die zum Wohle aller zusammenarbeiten“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Matt Eldridge.
Vom Beginn seiner Amtszeit an versuchte Trump gegen Einwanderer ohne Papiere vorzugehen. New York erklärte sich daraufhin zur „Zufluchtsstätte“ und weigerte sich, mit der Einwanderungspolizei zusammenzuarbeiten. Trump reagierte mit der Ankündigung, Bundeszuschüsse für die Metropole zu streichen. Ein langer Rechtsstreit folgte. Inzwischen fechten die New Yorker Behörden noch weitere Konflikte mit Trump vor Gericht aus, zum Beispiel den um seine Steuererklärungen.
Die Pandemie hat die Auseinandersetzungen noch verschärft. New York wurde von der Krankheit im Frühjahr hart getroffen, seither fährt die Stadt einen restriktiven Kurs – zum Leidwesen des Präsidenten, der auf eine rasche Erholung der Wirtschaft setzt. Auf finanzielle Unterstützung aus Washington warten die New Yorker bisher vergeblich.
Trumps Besuche in New York sind selten geworden. Inzwischen zieht der Milliardär seinen Golfclub in New Jersey der Luxuswohnung im Trump Tower vor. Als Versammlungsort für Proteste gegen seine Politik ist der Wolkenkratzer an der 5th Avenue hingegen umso beliebter.
Dass Trump nach einer Wahlniederlage wieder nach New York zurückkehren wird, ist unwahrscheinlich. Ende vergangenen Jahres verlegte er seinen offiziellen Wohnsitz nach Palm Beach in Florida. Dort hat er am vergangenen Samstag bereits seinen Stimmzettel abgegeben. Pfiffe blieben ihm dort erspart.