Homeoffice ist weder Grundrecht noch Pflicht: Umstrittenes Gesetz soll jedoch Rahmen setzen

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Symbolbild: Homeoffice

Die Corona-Pandemie hat den Arbeitsalltag nachhaltig verändert: Nach wie vor arbeiten viele Beschäftigte daheim, einige zum ersten Mal. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will den Anspruch auf mobiles Arbeiten gesetzlich verankern: Mindestens 24 Tage im Jahr sind vorgesehen. Doch die Gesetzesinitiative beschert dem Minister Gegenwind – und unabhängig vom Rechtsrahmen bedarf es beim Thema Homeoffice genauer Abstimmung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

DER GESETZESVORSTOß

Arbeitsminister Heil will Arbeitnehmern mit seinem sogenannten Mobile-Arbeit-Gesetz ermöglichen, über die Corona-Pandemie hinaus mindestens 24 Tage pro Jahr von Zuhause oder unterwegs aus zu arbeiten. Damit soll jeder seinen Rechtsanspruch auf Homeoffice einfordern dürfen – oder zumindest jeder, dessen Stelle grundsätzlich dafür geeignet ist. Sprechen betriebliche Gründe klar dagegen, soll der Arbeitgeber das innerhalb einer vorgegebenen Frist begründen müssen. Eine prinzipielle Ablehnung soll nicht mehr möglich sein.

„Das Recht auf mobile Arbeit sorgt dafür, dass Arbeit von unterwegs oder zu Hause kein Privileg für wenige bleibt“, heißt es in einem Eckpunktepapier des Arbeitsministeriums (BMAS). Mobile Arbeit fördere die Zufriedenheit und Produktivität der Beschäftigten und sei ein Standortvorteil für Deutschland. Heftiger Widerstand kommt von Arbeitgeberverbänden und aus den Reihen des Koalitionspartners Union.

WEDER RECHT NOCH PFLICHT

Auch wenn es die derzeitigen Arbeitsabläufe und Corona-Schutzmaßnahmen vermuten lassen: Ein generelles Recht auf Homeoffice gibt es in Deutschland bislang nicht. „Zurzeit liegt die Entscheidung, ob Arbeiten im Homeoffice für Arbeitnehmer möglich ist, prinzipiell beim Arbeitgeber“, erklärt das Fachportal Haufe. Ein Arbeitgeber seinerseits kann Beschäftigte allerdings auch nicht ohne weiteres anweisen, ins Homeoffice zu ziehen.

Beide Seiten können – und sollten – daher verbindliche Regeln für mögliche Heimarbeit definieren. Das betont auch das BMAS. Den Rahmen dafür können Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen bilden. Auf dieser Grundlage sollten Arbeitnehmer persönliche Absprachen mit ihrem Chef schriftlich festhalten. Das schafft Sicherheit und geht genauer auf die individuelle Situation des Beschäftigten und die Wünsche des Unternehmens ein, als es ein Gesetz kann.

NEUES TERRAIN FÜR UNTERNEHMEN UND MITARBEITER

Auch im Homeoffice müssen Vorgaben zu Arbeitszeit, Arbeitssicherheit und Datenschutz erfüllt sein. Das fordern insbesondere Arbeitnehmervertreter. Das BMAS betont, „dass Regeln des Arbeitsschutzes bei mobiler Arbeit und im Homeoffice genauso gelten wie im Büro. Dafür trägt der Arbeitgeber die Verantwortung.“ In entsprechenden Ausschüssen sollen die Tarifpartner noch erarbeiten, wie Unternehmen dieser Verantwortung in der Praxis gerecht werden sollen. Denn auf Schritt und Tritt kontrollieren können sie ihre Heimarbeiter schon gesetzlich nicht.

Auch gegen eine Überlastung von Arbeitnehmern will Heil mit dem Gesetz Vorsorge treffen: Arbeitgeber sollen sicherstellen, dass Beschäftigte zuhause „die gesamte Arbeitszeit täglich vollständig erfassen“ – Verstöße sollen bis zu 30.000 Euro kosten.

Doch wer zahlt beispielsweise für einen technisch und ergonomisch ausreichend ausgestatteten Arbeitsplatz? Dürfen Arbeitsmittel des Unternehmens auch privat genutzt oder umgekehrt das private Laptop eingesetzt werden? Vieles ist arbeitsrechtlich noch unklar. Wichtig ist auch der Datenschutz: Arbeitnehmer müssen laut Rechtsschutzzversicherung ARAG selbst dafür sorgen, dass Arbeitsunterlagen daheim nicht offen herumliegen, wenn Besuch kommt: „Sie sind verpflichtet, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse auch zuhause zu wahren.“ Unternehmen können durch VPN-Verbindungen und eigene Server sichere Kommunikation gewährleisten.

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