Der britische Premierminister Boris Johnson hat sich enttäuscht über den fehlenden Fortschritt in den Verhandlungen mit der EU über ein Handelsabkommen nach dem Brexit gezeigt. Eine Entscheidung über einen Abbruch der Gespräche werde er erst nach dem für Donnerstag und Freitag geplanten EU-Gipfel treffen, erklärte Johnsons Sprecher nach einem Telefonat des Premiers mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel am Mittwochabend.
Von der Leyen und Michel betonten nach dem Gespräch, die EU strebe „nicht um jeden Preis“ eine Einigung an. Die Bedingungen bei Fischerei, Wettbewerbsregeln und der Überwachung des Abkommens müssten stimmen, erklärte von der Leyen im Onlinedienst Twitter. „Wir haben noch viel Arbeit vor uns.“ Sie hätten in dem Telefonat mit Johnson „erneut auf Fortschritte am Verhandlungstisch gedrängt“, ergänzte Michel auf Twitter.
Johnson habe in dem Gespräch seine „Enttäuschung darüber, dass in den vergangenen zwei Wochen keine weiteren Fortschritte erzielt wurden“ ausgedrückt, sagte sein Sprecher. Der konservative Regierungschef habe noch einmal betont, dass ein Deal wünschenswert sei.
Der britische Premier hatte im September gedroht, den Verhandlungstisch zu verlassen, falls es bis 15. Oktober keinen Durchbruch gebe. Am Mittwochabend ließ er nun erklären, er werde zunächst die Ergebnisse des EU-Gipfels abwarten. Er freue sich darauf, von den Ergebnissen zu erfahren und werde nachdenken, bevor er Großbritanniens „nächste Schritte“ darlege.
Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten. Bis Ende des Jahres bleibt es aber noch im EU-Binnenmarkt und der Zollunion. Diese Übergangsphase wollten beide Seiten eigentlich nutzen, um ein Handelsabkommen auszuhandeln. Doch die Gespräche kommen seit Monaten kaum voran.
Die EU-Staats- und Regierungschefs beraten bei ihrem Gipfel am Donnerstag und Freitag darüber, wie lange eine Fortsetzung der Verhandlungen noch sinnvoll ist. In EU-Kreisen heißt es aber schon seit Wochen, es werde nicht die EU sein, welche die Verhandlungen abbricht. Damit soll vermieden werden, dass London die EU als Schuldigen für ein Scheitern hinstellen kann.