Die Lufthansa wehrt sich gegen den Vorwurf, durch die Gründung ihrer neuen Ferienfluggesellschaft Ocean in der Corona-Krise Tariflöhne zu umgehen. Der Konzern habe schon vor der Pandemie begonnen, „den touristischen Bereich zu stärken und auszubauen“ sagte ein Lufthansa-Sprecher am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP. Die Lufthansa-Tochter Ocean, die im Hintergrund von Eurowings agieren soll, werde auch ohne Tarifvertrag Mitarbeiter zu „wettbewerbsfähigen Tarifbedingungen“ einstellen.
Das neu gegründete Unternehmen verantwortet nach Konzernangaben künftig touristische Langstreckenflüge unter der Marke Eurowings – zunächst mit nur drei Flugzeugen. „Es bleibt auch bei der Marke Eurowings“, betonte der Sprecher, „nur der dahinterstehende Flugbetrieb wird jetzt eben Ocean sein“.
Vor dem Beschluss zur Stilllegung war der Lufthansa-Billigflieger Sunexpress für Eurowings geflogen. Von der Abwicklung des deutschen Ablegers des gleichnamigen Gemeinschaftsunternehmens von Lufthansa und Turkish Airlines sind knapp 1200 Beschäftigte betroffen. Bei Ocean sind laut Lufthansa nun 300 neue Cockpit- und Kabinenstellen zu besetzen und intern ausgeschrieben.
Die drei für Lufthansa zuständigen Gewerkschaften Verdi, Vereinigung Cockpit (VC) und UFO hatten dem Konzern am Mittwoch Lohndumping und „Tarifflucht auf Staatskosten“ mittels ihres neuen Ferienfliegers vorgeworfen. Arbeitnehmervertreter bei der Lufthansa sowie bei den Airlines Condor und TUIfly forderten demnach die Regierung in einem Schreiben auf, das Projekt notfalls politisch zu stoppen.
„Es ist einem Kabinenbeschäftigten in der Lufthansa kaum vermittelbar, dass sein Job akut in Gefahr ist und Lufthansa auf dem Flugzeug nebenan zu Dumpingbedingungen neu einstellt“, erklärte Verdi-Sekretär Marvin Reschinsky. Er kritisierte, es sollten „genau die Beschäftigten, die in den Lufthansa-Töchtern Sunexpress Deutschland und Germanwings gerade ihre Arbeitsplätze verlieren, nun bei Ocean wieder neu angestellt werden. Allerdings zu sehr viel schlechteren Bedingungen.“
„Einerseits Tausende rauszuwerfen, um andererseits zu 1400 Euro brutto wieder einzustellen, ist unverfroren und unanständig“, kritisierte auch der UFO-Vorsitzende Daniel Flohr. Die Arbeitnehmervertreter verwiesen auf die Stellenstreichungen und Sparmaßnahmen bei Deutschlands größter Fluggesellschaft, die diese mit den immensen Nachfrage- und Umsatzverlusten in der Corona-Krise begründet.
Der VC-Bereichsleiter für Tarifpolitik, Marcel Gröls, kritisierte außerdem, es werde „mitten in der größten Krise der Luftfahrt viel Geld in eine Plattform investiert, bei der mit jahrelangen Anlaufverlusten zu rechnen ist“. Er forderte die Regierung auf, „genauer hinzusehen, wie mit Milliarden an Staatshilfen umgegangen wird“.
Der Lufthansa-Sprecher wies die Kritik am Donnerstag zurück und betonte, der Konzern intensiviere lediglich die bereits begonnene „strategische Neuausrichtung“. In der Krise sei die Fortführung der Sunexpress „eben nicht möglich“ gewesen – „also brauchen wir eine Neugründung“. Der Konzern biete von Kürzungen betroffenen Mitarbeitern damit eine Perspektive.
„Die Bedingungen sind genauso, wie sie bei Sunexpress Deutschland waren und wie sie in diesem Geschäftsfeld wettbewerbsfähigen Tarifbedingungen entsprechen“, sagte er weiter. Details nannte er nicht. Doch auch bei Sunexpress gab es demnach keinen Tarifvertrag.