Mutmaßlicher Attentäter bei Paris ist Russe tschetschenischer Herkunft

Französische Polizei
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Der offenbar islamistische Anschlag auf einen Geschichtslehrer bei Paris ist von einem 18-jährigen Russen tschetschenischer Herkunft verübt worden. Bei dem jungen Mann wurde nach Angaben aus Justizkreisen ein Ausweisdokument gefunden, demzufolge er 2002 in Moskau geboren wurde. Die Enthauptung des Lehrers am Freitag nahe einer Schule in Conflans-Sainte-Honorine löste große Bestürzung in Frankreich aus. Im Zusammenhang mit dem Anschlag wurden bis Samstag  neun Menschen in Polizeigewahrsam genommen.

Der Angreifer, der von der Polizei in der Nähe des Tatorts nordwestlich von Paris erschossen worden war, ist in Frankreich bislang nicht strafrechtlich belangt oder wegen Radikalisierung erfasst worden. Mehrere Familienmitglieder des Täters wurden in der Nacht von Freitag auf Samstag in Gewahrsam genommen. Später wurden nach Angaben aus Gerichtskreisen fünf weitere Menschen festgenommen, darunter der Vater eines Schülers, der sich mit dem Lehrer über dessen Unterricht gestritten haben soll. Der Vater hatte sich im Internet darüber beschwert, dass der Lehrer seinen Schülern nackte Mohammed-Karikaturen gezeigt habe. 

Der 40-jährige Geschichtslehrer hatte mit seinen Schülern das Thema Meinungsfreiheit im Unterricht behandelt und dabei die umstrittenen Karikaturen verwendet. Er wurde in der Nähe der Schule auf offener Straße enthauptet, der Täter soll nach der Tat „Allahu Akbar“ (Gott ist groß) gerufen haben. Am Samstagmorgen lagen zahlreiche Blumen vor der Schule des Opfers. Der Lehrer sei für seine Freundlichkeit und Höflichkeit sehr geschätzt worden, sagte Nordine Chaouadi, die Mutter eines Schülers gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Die Polizei untersucht eigenen Angaben zufolge auch einen Tweet beim Kurzbotschaftendienst Twitter, der ein Foto vom Kopf des Lehrers gezeigt haben soll. Der Tweet ist mittlerweile gesperrt. Es sei nicht geklärt, ob die Nachricht unter dem Foto, in der Frankreichs Präsident Emmanuel Macron als „Führer der Ungläubigen“ bedroht wird, vom Angreifer selbst verschickt wurde. 

Nach den Worten von Präsident Macron handelt es sich bei dem Angriff „eindeutig“ um einen „islamistischen Terroranschlag“. Die Anti-Terror-Staatsanwaltschaft ermittelt seit Freitag wegen „Mordes“ in Verbindung mit einem Terrorakt und wegen einer „kriminellen terroristischen Vereinigung“.

Bei einer kurzen Rede vor der Schule am Freitagabend sagte Macron: „Sie werden nicht durchkommen. Sie werden uns nicht spalten.“ Der Lehrer sei ermordet worden, weil er seinen Schülern „Meinungsfreiheit und die Freiheit zu glauben und nicht zu glauben“ beigebracht habe. 

Auch Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verurteilten den tödlichen Anschlag. „Von Terror, Extremismus und Gewalt dürfen wir uns nie einschüchtern lassen“, schrieb Maas am Samstag im Kurzbotschaftendienst Twitter. Von der Leyen betonte die Bedeutung von Lehrern in der Demokratie.

Bereits im September hatte es wegen der erneuten Veröffentlichung der umstrittenen Mohammed-Karikaturen in der Satirezeitung „Charlie Hebdo“ einen Messerangriff mit zwei Verletzten in Paris gegeben. Bei dem geständigen Täter handelt es sich um einen 25-jährigen Pakistaner, der aus „Wut“ über die Darstellung des Propheten gehandelt haben will.

Die Satirezeitung äußerte nach der jüngsten Tat beim Onlinedienst Twitter ein „Gefühl des Schreckens und der Empörung“. Die Intoleranz habe „gerade eine neue Schwelle überschritten“. Im Januar 2015 hatten Islamisten einen Anschlag auf die „Charlie Hebdo“-Redaktion in Paris verübt und dabei zwölf Menschen getötet. Derzeit läuft in Paris der Prozess gegen die mutmaßlichen Helfer der Attentäter.

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