Politiker weisen 30 Jahre nach Vereinigung auf anhaltende Ost-West-Unterschiede hin

Deutschland - Bild: Nürnberger Blatt
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Dreißig Jahre nach der deutschen Vereinigung haben Politiker auf anhaltende Unterschiede zwischen Ost und West hingewiesen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte Verständnis dafür, dass sich einige Menschen in Ostdeutschland als Bürger zweiter Klasse fühlten. Dafür gebe es Auslöser – „verpasste Lebenschancen zum Beispiel“, sagte sie den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland vom Freitag. Auch in der Bundestagsdebatte aus Anlass des Einheits-Jubiläums verwiesen Redner von Koalitions- und Oppositionsfraktionen auf unerledigte Aufgaben.

Merkel sprach insgesamt von „großen Fortschritten bei der Angleichung des Lebensstandards“ in Ost und West – zugleich sei aber der gesellschaftliche Zusammenhalt in Deutschland weiter eine große Zukunftsaufgabe: „Wir werden sehr viel Kraft für einen solchen Zusammenhalt aufbringen müssen“, sagte sie den RND-Zeitungen.

Der Bundestag debattierte am Freitagvormittag zwei Stunden lang über die deutsche Einheit. Auch hier nahmen die Redner der Fraktionen die Befindlichkeiten der Ostdeutschen in den Blick und sprachen Fehler und Versäumnisse an – etwa ein mangelndes Verständnis im Westen für die Sorgen im Osten. 

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) verwies in der Debatte auf Probleme und Rückschläge, mit denen die Menschen im Osten nach der Wende zu kämpfen hatten: „Ich möchte mich ausdrücklich dafür entschuldigen, dass wir das im Westen vielleicht zu lange nicht gesehen haben.“

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete die Wiedervereinigung als „Erfolgsgeschichte“, in der vieles geglückt sei. Es gebe aber noch viel zu tun, fügte der Bundesfinanzminister mit Blick auf die Unterschiede etwa bei Löhnen und Renten hinzu.

AfD-Chef Tino Chrupalla verwies darauf, dass es heute zwar allen materiell besser gehe. „Aber viele fühlen sich alleine gelassen mit ihren Sorgen und Nöten.“ Er beklagte, dass die Durchschnittseinkommen im Osten noch immer 20 Prozent geringer seien als im Westen. 

Nach Ansicht von Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch wurde in den 30 Jahren seit der Wiedervereinigung zwar viel erreicht. „Es wurden aber auch Fehler gemacht.“ Die Treuhandanstalt sei der „Kardinalfehler der deutschen Einheit“ gewesen. „Wir sind von gleichwertigen Lebensverhältnissen, die das Grundgesetz vorschreibt, noch weit entfernt.“

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt verwies darauf, dass sich durch die Wiedervereinigung nicht nur der Osten, sondern auch der Westen verändert habe. Deutschland sei freier und vielfältiger geworden. „Wir sind weit gekommen, dennoch bleiben die Vergleichszahlen hart“, betonte die Grünen-Politikerin mit Blick auf die fortdauernden Unterschiede.

FDP-Chef Christian Lindner würdigte die Vorgänge von 1989 und 1990 als „erste unblutige erfolgreiche Revolution in unserem Land“. Es sei zu wenig über „Erfolgsstories“ gesprochen worden, kritisierte er – und räumte ein, dass die Erfahrungen aus der Wendezeit für viele traumatisierend gewesen seien.

Auf Versäumnisse bei der Gestaltung der Deutschen Einheit wies auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hin. „Wir haben die Fähigkeiten vieler Menschen unterschätzt, das hat sich sicherlich auf das Selbstwertgefühl der Ostdeutschen ausgewirkt“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. 

Auch der frühere Bundespräsident Joachim Gauck sprach die Enttäuschung vieler Ostdeutscher nach der Vereinigung an. Entstanden sei „eine Frustbewegung, die so tut, als wären die Westdeutschen über uns gekommen“, sagte er der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Dabei sei es aber der Wille der Ostdeutschen gewesen, der diese schnelle Einigung herbeigeführt habe. Deswegen sei es „völlig verfehlt, von ‚Übernahme‘ zu sprechen“, sagte Gauck. 

Die zentralen Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag der Deutschen Einheit am Samstag finden in Potsdam statt. Daran werden Merkel und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teilnehmen.

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