Anderthalb Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl hat der Europastaatsminister im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), vor falschen Erwartungen an einen möglichen Wahlsieg des Oppositionskandidaten Joe Biden gewarnt. Wie auch immer die Wahl ausgehe: „Wir sollten uns von der Vorstellung verabschieden, dass nach der Wahl plötzlich ‚wieder alles gut‘, alles ‚wieder wie früher‘ wird“, sagte Roth der Nachrichtenagentur AFP. Europa müsse die weltpolitischen Krisen als „Weckruf“ begreifen.
„Natürlich schauen wir am 3. November alle gebannt in Richtung USA, unserem wichtigsten Partner außerhalb Europas“, sagte Roth. Europa dürfe aber nicht in „Nostalgie und Wunschdenken“ verfallen. Dies helfe „uns keinen Deut weiter“.
Bereits seit geraumer Zeit richteten die USA ihren „weltpolitischen Kompass neu aus“, sagte Roth. „An dieser strategischen Neuausrichtung wird sich sicher auch nach dem 3. November nichts grundlegend ändern.“
US-Präsident Donald Trump hat in seiner Amtszeit unter dem Motto „America first“ („Amerika zuerst“) das Engagement der USA in multilateralen Formaten und internationalen Organisationen zurückgefahren. Sein Fokus ist auch stärker auf Asien und insbesondere China gerichtet, von den Europäern verlangt er mehr eigenen Einsatz etwa in der Verteidigungspolitik.
Europa sollte „die Corona-Krise und die geopolitisch stürmische Großwetterlage vor allem als Weckruf und Chance zur Stärkung unserer europäischen Souveränität begreifen“, betonte der SPD-Politiker. Es sei an der Zeit, „dass Europa seine Rolle in der Welt stärkt und auf eigenen Füßen steht“.
Trump bewirbt sich bei der Wahl am 3. November um eine zweite Amtszeit. In den landesweiten Umfragen wie auch in den Befragungen in einer Reihe von als wahlentscheidend geltenden Bundesstaaten liegt der Amtsinhaber hinter dem früheren Vizepräsidenten Biden von den oppositionellen Demokraten zurück.
