Das EU-Parlament zeichnet die Gegner des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko für ihren Einsatz für einen friedlichen Machtwechsel aus. „Es ist mir eine Ehre, bekannt zu geben, dass die Frauen und Männer der demokratischen Opposition in Belarus die Sacharow-Preisträger des Jahres 2020 sind“, erklärte Parlamentspräsident David Sassoli am Donnerstag im Online-Dienst Twitter. Prominenteste Oppositionelle ist die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja, die das Land infolge der Proteste nach der umstrittenen Wahl Anfang August verlassen musste.
Das EU-Parlament zählt insgesamt zehn belarussische Regierungsgegner zu den Preisträgern, darunter das Präsidium des Koordinierungsrates, der einen politischen Wechsel in dem Land herbeiführen will. Das bekannteste Gesicht dieser Organisation ist die 72-jährige Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch. Sie hält sich aus gesundheitlichen Gründen offenbar seit einigen Wochen in Deutschland auf.
Ausgezeichnet wird unter anderen auch Alex Bjaljazki, Gründer des Minsker Menschenrechtszentrums Wjasna. Der Aktivist hatte Anfang Oktober bereits den Alternativen Nobelpreis erhalten. Auch Tichanowskajas Ehemann Sergej ist unter den Sacharow-Gewinnern. Der bekannte Blogger wollte ursprünglich bei der Präsidentschaftswahl antreten, wurde aber verhaftet. Für ihn trat dann seine Frau an.
Zehntausende Oppositionsanhänger demonstrieren seit Wochen friedlich gegen Lukaschenko, dem sie massiven Wahlbetrug vorwerfen. Die belarussischen Sicherheitskräfte gehen hart gegen die Demonstranten vor, tausende Lukaschenko-Gegner wurden festgenommen und Berichten zufolge teils auch gefoltert. Viele prominente Führungsfiguren der Opposition flohen angesichts der Repression ins Ausland, Tichanowskaja nach Litauen. „Geben Sie Ihren Kampf nicht auf. Wir sind an Ihrer Seite“, schrieb Parlamentspräsident Sassoli an die Opposition gerichtet auf Twitter. Auch die EU erkennt das Wahlergebnis in Belarus nicht an.
Das EU-Parlament verleiht den Sacharow-Preis an Menschen, die sich „in besonderer Weise für die Menschenrechte eingesetzt haben“. Die Auszeichnung ging im vergangenen Jahr an den uigurischen Intellektuellen Ilham Tohti, der in China im Gefängnis sitzt. Der Preis ist nach dem verstorbenen russischen Dissidenten und Physiker Andrej Sacharow benannt und mit 50.000 Euro dotiert. Die Verleihung des Preises findet am 16. Dezember statt.
In der engeren Auswahl für die diesjährige Auszeichnung waren auf Betreiben der Linken und Grünen auch eine Gruppe Umweltaktivisten und die ermordete Ökologin Berta Cáceres aus Honduras. Die rechtspopulistische ID-Fraktion hatte zudem den Erzbischof von Mossul, Nadschib Michail Musa, nominiert, um ihn für seinen seinen Einsatz für den Schutz von Christen und christlichem Kulturgut vor der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) im Irak auszuzeichnen.