Der US-Rechtswissenschaftler und Buchautor Lawrence Douglas hat vor einer historischen politischen Krise gewarnt, sollte US-Präsident Donald Trump eine mögliche Wahlniederlage nicht anerkennen. Dem Land drohe im Extremfall ein „totaler System-Zusammenbruch“, sagte der Jura-Professor am renommierten Amherst College der Nachrichtenagentur AFP. Trump könnte bei einer knappen Niederlage mit Vorwürfen des Wahlbetrugs „Verwirrung stiften“ und den Sieg für sich beanspruchen.
Trump lege schon seit geraumer Zeit mit seinen Angriffen auf die Briefwahl die Grundlage für ein solches „Katastrophen-Szenario“, sagte Douglas. „Er sagt den Amerikanern, dass unser Wahlsystem korrupt ist. Er hat ein Narrativ geschaffen, wonach das Wahlsystem seine Legitimität nur beweisen kann, wenn er gewinnt. Und wenn er verliert, ist das ganz einfach ein Beweis dafür, dass das System korrupt ist.“
Der seit Monaten in Umfragen zurückliegende Republikaner könnte angeblichen Betrug anprangern, wenn sein demokratischer Herausforderer Joe Biden nach Auszählung von immer mehr Briefwahlstimmen vorne lande, warnt Douglas, der dieses Szenario in seinem Buch „Will he go?“ (Wird er gehen?) beschreibt. Trump dürfte vor die Gerichte ziehen und auch Druck auf die Bundesstaaten ausüben, in denen die Stimmen ausgezählt werden.
Letztlich könnten rivalisierende Wahlergebnisse zur Bestätigung vor dem US-Kongress landen, sagt der frühere Gastprofessor an der Berliner Humboldt-Universität. Bleibe der Kongress so gespalten wie derzeit, sei das „ein echtes Rezept für einen totalen System-Zusammenbruch“.
„Natürlich ist schwer vorauszusagen, ob dies tatsächlich geschieht“, schränkt Douglas ein. „Aber das beunruhigende ist: Es könnte passieren.“ Kein Rechtssystem habe „todsichere Mechanismen“ gegen jemanden, der „die Normen des Systems nicht akzeptiert“. Und Trump sei mit seiner „autoritären Verachtung für die Normen der konstitutionellen Demokratie“ einzigartig in der US-Geschichte.
Nur durch einen klaren Wahlausgang könne eine „Katastrophe“ verhindert werden, sagt Douglas. Bei einer deutlichen Niederlage Trumps dürften auch wichtige Vertreter seiner Republikanern den Präsidenten zum Einlenken drängen.
Dass sich Trump bei einer Niederlage letztlich im Oval Office „verbarrikadieren“ könnte und aus dem Weißen Haus „gezerrt“ werden müsse, glaubt Douglas nicht. „Das wäre für ihn eine Demütigung. Und mit Blick auf sein Image und seinen Narzissmus glaube ich nicht, dass er so etwas zulassen würde.“ Der 74-Jährige wäre dann schließlich in einer „Position der Schwäche“.
Trump könnte aber auch in Zukunft eine „Kraft der Spaltung und des Chaos“ sein, warnt der Rechtsprofessor. „Er wird natürlich weiterhin dutzende Millionen treue Anhänger haben, die seine Verschwörungstheorien akzeptieren. Deswegen weiß ich nicht, ob wir davon ausgehen können, dass die US-Politik zu einem normalen, friedfertigen Zustand zurückkehren wird, wenn er das Weiße Haus verlassen hat.“