Rund drei Wochen vor der US-Präsidentschaftswahl hat der Senat mit den Anhörungen der designierten Verfassungsrichterin Amy Coney Barrett begonnen. Die konservative Juristin erschien am Montag vor dem Justizausschuss der Kongresskammer. Sie wird sich mehrere Tage lang den Fragen der Senatoren stellen.
Die Republikaner von Präsident Donald Trump, die im Senat die Mehrheit stellen, wollen die 48-jährige Katholikin noch vor der Präsidentschaftswahl am 3. November für das Amt am Obersten US-Gerichtshof bestätigen. Die Abschlussabstimmung ist für den 22. Oktober geplant.
Das sorgt bei den oppositionellen Demokraten für Empörung: Sie haben vergeblich verlangt, dass die Personalie erst nach der Wahl entschieden wird. 2016 hatten die Republikaner im Senat monatelang die Neubesetzung eines vakanten Supreme-Court-Postens durch Trumps Vorgänger Barack Obama blockiert – mit dem Argument, die Wähler sollten indirekt über die Präsidentschaftswahl ein Mitspracherecht bekommen. Trump konnte den Posten am mächtigen Obersten Gerichtshof dann nach seinem Wahlsieg besetzen.
Mit Barrett kann Trump nun bereits den dritten Posten am Supreme Court seit seinem Amtsantritt füllen. Der Republikaner hatte die konservative Bundesrichterin Ende September als Nachfolgerin für die verstorbene liberale Verfassungsrichterin Ruth Bader Ginsburg nominiert. Es war ein klares Signal an wichtige Wählergruppen des Präsidenten, insbesondere die religiöse Rechte.
Denn dort genießt Barrett großes Ansehen. Die strenggläubige Katholikin ist eine strikte Abtreibungsgegnerin, setzt sich für das Recht auf Waffenbesitz ein und ist in der Vergangenheit gegen die Gesundheitsreform von Präsident Obama vorgegangen. Die Demokraten warnen, bei einer Bestätigung Barretts stehe nicht nur das Recht auf Abtreibungen auf dem Spiel, sondern auch die Krankenversicherung für Millionen US-Bürger.
Da Trumps Republikaner im Senat eine Mehrheit von 53 der 100 Senatoren stellen, gilt Barretts Bestätigung im Amt als nahezu sicher. Damit würde die konservative Mehrheit am Supreme Court von bislang fünf zu vier Richtern auf sechs zu drei ausgeweitet. Weil Verfassungsrichter auf Lebenszeit nominiert werden, würde die konservative Dominanz auch auf Jahre festgelegt.
Bei Barretts Anhörungen wird mit besonderer Spannung das Auftreteten der demokratischen Vizepräsidentschaftskandidatin Kamala Harris erwartet, die derzeit Senatorin ist. Sie hatte 2018 mit der hartnäckigen Befragung des designierten Verfassungsrichters Brett Kavanaugh für Aufsehen gesorgt.
Die Nominierung Barretts hat auch aus einem weiteren Grund für Aufsehen gesorgt: Ihre Vorstellung im Rosengarten des Weißen Hauses durch Präsident Trump im September gilt als Superspreader-Event in der Corona-Pandemie. In den Tagen nach der Zeremonie wurden zahlreiche Teilnehmer positiv getestet – unter ihnen Trump selbst.