Armenische und aserbaidschanische Streitkräfte haben sich in der Nacht und am Montagmorgen trotz ihrer seit Samstag geltenden Waffenruhe weiter bekämpft. Ein Fotograf der Nachrichtenagentur AFP berichtete von Artilleriefeuer südwestlich von Stepanakert, der Hauptstadt der selbsternannten Republik Berg-Karabach. Auch aus dem Bezirk Terter im Nordosten von Karabach waren Kampfhandlungen zu vernehmen. Beide Konfliktparteien warfen sich gegenseitig vor, die Auseinandersetzungen zu befeuern und berichteten von militärischen Erfolgen.
Das Verteidigungsministerium von Aserbaidschan schrieb auf Twitter, dass armenische Streitkräfte die Bezirke Goranboy, Terter und Agdam beschossen hätten, sich aber auf dem Rückzug in die Region Hadrut befänden.
Eine Sprecherin des armenischen Verteidigungsministeriums sagte, die aserbaidschanische Armee bombardiere die „südliche Front“. Aus dem Informationszentrum der armenischen Regierung hieß es, die aserbaidschanische Armee sei zurückgedrängt worden und habe „schwere Verluste an Menschenleben und militärischer Ausrüstung“ erlitten.
Berg-Karabach hatte während des Zerfalls der Sowjetunion einseitig seine Unabhängigkeit erklärt. Darauf folgte in den 90er Jahren ein Krieg mit 30.000 Toten. Die selbsternannte Republik Berg-Karabach wird bis heute international nicht anerkannt und gilt völkerrechtlich als Teil Aserbaidschans. Sie wird aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt.
Nach einer längeren Zeit relativer Ruhe war der Konflikt um Berg-Karabach und angrenzende Gebiete Ende September wieder aufgeflammt. Seitdem gab es täglich heftige Gefechte, bei denen hunderte Militärangehörige und dutzende Zivilisten starben.
In der Nacht zum Samstag hatten sich beide Konfliktparteien unter Vermittlung von Russlands Außenminister Sergej Lawrow auf eine Waffenruhe sowie auf den Beginn „ernsthafter Verhandlungen“ geeinigt. Seitdem wurde die Waffenruhe nach Angaben von beiden Seiten jedoch mehrfach gebrochen.
Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn forderte derweil die Türkei zu einem Bekenntnis zur Waffenruhe auf. „Man muss auch sagen, dass Russland sich wenigstens die Mühe gibt, um einen Waffenstillstand hinzubekommen“, sagte Asselborn in Brüssel. Die Türkei hingegen habe bislang noch keinen Aufruf für einen Waffenstillstand getätigt.
Beobachter fürchten, dass sich der Konflikt zu einem Stellvertreterkrieg zwischen Russland und der Türkei im Kaukasus ausweiten könnte. Die Türkei unterstützt in dem Konflikt das Nachbarland Aserbaidschan. Russland unterhält gute Beziehungen zu beiden Seiten, gilt aber als die militärische Schutzmacht Armeniens.