Kein Restaurantbesuch, kein Kino und kein Ausflug ins Schwimmbad: Um die rasant ansteigende Kurve der Corona-Neuinfektionen wieder abzuflachen und eine mögliche Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, könnte in Deutschland erneut eine drastische Einschränkung des öffentlichen Lebens bevorstehen. Viele Branchen sehen sich dadurch in ihrer Existenz bedroht.
VERANSTALTUNGSWIRTSCHAFT
Ob Konzerte oder Messen und Kongresse – in der Veranstaltungsbranche arbeiten nach Angaben des Bündnisses #AlarmstufeRot mehr als eine Million Menschen, denen seit Beginn der Pandemie die Einnahmen weggebrochen sind. Und ein Ende ist vorerst nicht in Sicht.
Nötig sind nach Angaben des Bündnisses deshalb deutliche Verbesserungen der von der Bundesregierung gewährten Überbrückungshilfen. Bei diesen gibt es für Unternehmen Zuschüsse zu ihren Fixkosten. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen müsse der Zugang zu den Hilfen aber weiter geöffnet werden, fordert #AlarmstufeRot.
Außerdem dringt die Branche auf einen Ausfallfonds für pandemiebedingte Veranstaltungsausfälle – denn nach Angaben des Bündnisses übernehmen Versicherungen solche Risiken nicht mehr. Außerdem solle es einen vom Staat gezahlten sogenannten Unternehmerlohn geben, da in der Veranstaltungswirtschaft auch viele Soloselbstständige arbeiten, die häufig keine Betriebskosten haben und deshalb auch bei den Fixkostenzuschüssen leer ausgehen. Hier gibt es von Seiten des Bundeswirtschaftsministeriums zustimmende Signale.
HOTELS- UND GASTSTÄTTEN
Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) warnt, dass einem Drittel der 245.000 Betriebe bei einer erneuten Schließung das Aus drohe. Einen erneuten Lockdown hält der Verband für unverhältnismäßig und verweist darauf, dass nach Zahlen des Robert-Koch-Instituts Hotellerie und Gastronomie „kein relevantes Infektionsgeschehen“ aufwiesen und damit „keine Pandemietreiber“ seien.
Der Verband fordert: Wenn eine Branche aus pandemiebedingten Gründen geschlossen werde, um einen generellen Lockdown zu verhindern, müsse durch die politisch Verantwortlichen „vollumfänglich“ der Ausgleich des Schadens garantiert werden.
REISEVERANSTALTER
Nach Angaben des Deutschen Reiseverbandes (DRV) ist ein zweiter Lockdown für die Branche wegen Reisebeschränkungen und Quarantänevorschriften schon längst Realität. Nach einem leichten Anstieg der Buchungen in den Sommerferien sei das Urlaubs- und Geschäftsreiseaufkommen zuletzt wieder zusammengebrochen. Auf dem Spiel stünden „hunderttausende Arbeitsplätze“ bei den rund 2300 Reiseveranstaltern und 11.000 Reisebüros in Deutschland.
SCHAUSTELLER
Ob Jahrmärkte oder Volksfeste: Die Schausteller sehen sich auch als Wahrer traditioneller Kulturgüter und sind nach Angaben des Deutschen Schaustellerbundes (DSB) durch die Pandemie „unverschuldet in die größte Krise seit Bestehen unseres Berufsstandes geraten“. Viele der mehr als 5000 Familienunternehmen erzielten ihre letzten Einnahmen demnach auf den Herbstkirmessen oder Weihnachtsmärkten – im Jahr 2019. Nötig seien deshalb „passgenaue Überbrückungshilfen, die nicht am Ziel vorbeigehen“, fordert der DSB.
SCHWIMMBÄDER, KINOS, THEATER
Viele Freizeiteinrichtungen sollen laut der Beschlussvorlage des Bundes für die Beratungen mit den Bundesländern im November für vier Woche schließen – darunter auch Schwimmbäder, Fitnessstudios, Opern und Konzerthäuser oder Kinos.
Der Deutsche Kulturrat fordert, dass Einnahmeausfälle kompensiert werden müssten – nicht nur für öffentliche und private Einrichtungen, sondern auch für die Künstlerinnen und Künstler.
Der Verband European Waterpark Association (EWA) kritisiert, dass viele Freizeitbäder und Thermen aufwendige Hygienekonzepte erarbeitet und in den vergangenen Monaten bewiesen hätten, „dass ein sicherer Bäderbetrieb auch unter Pandemiebedingungen möglich ist“. Zugleich habe es bisher keine ausreichenden Entschädigungen für die Folgen des ersten Lockdowns gegeben.
Ähnlich argumentiert der Kinoverband HDF und verweist unter anderem auf eine „geringe Aerosol-Belastung im Kinosaal“. Wahllose Schließungen bergen nach Einschätzung des Verbandes zudem die Gefahr, „die allgemeine Akzeptanz in der Bevölkerung weiter zu schmälern“.
EINZELHANDEL
„Sicher“ in Pandemiezeiten ist nach Angaben des Einzelhandelsverbandes HDE auch das Einkaufen – denn die Hygienekonzepte der Läden funktionierten. Es sei wichtig, „alles offenzuhalten, was in der aktuellen Lage gesundheitspolitisch verantwortbar ist“. Ansonsten befürchtet der HDE, dass viele Händler nicht durchhalten können und die Innenstädte veröden.