AfD-Chef Meuthen startet Frontalangriff auf rechtes Lager – Gauland kritisiert Rede als „spalterisch“

Archivbild: Alexander Gauland - Bild: Metropolico.org, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons
Archivbild: Alexander Gauland - Bild: Metropolico.org, CC BY-SA 2.0, via Wikimedia Commons

Auf dem AfD-Bundesparteitag hat Parteichef Jörg Meuthen einen Frontalangriff auf das rechte Lager gestartet. In seiner Rede am Samstag in Kalkar kritisierte er eine zunehmend radikale Wortwahl und warnte vor der Nähe zur Querdenken-Bewegung. Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland sagte dem Sender Phoenix, er halte Teile der Rede „für spalterisch“. Gegen den Parteitag, auf dem die AfD ihr erstes Rentenkonzept beschließen will, demonstrierten mehrere hundert Menschen.

Es sei nicht klug, von einer Corona-Diktatur zu sprechen, sagte Meuthen. „Wir leben in keiner Diktatur, sonst könnten wir diesen Parteitag wohl nicht so abhalten.“ Wenn manche „nur allzu gerne rumkrakeelen“ oder andere dafür in den Bundestag einladen, „wählen uns Scharen von Menschen in Zukunft nicht mehr“.

Gauland hatte kürzlich in der Bundestagsdebatte über das Infektionsschutzgesetz von einer „Corona-Diktatur“ und „Kriegspropaganda“ gesprochen. Auch zogen AfD-Politiker wiederholt Vergleiche zum Ermächtigungsgesetz von 1933. Auf Einladung zweier AfD-Bundestagsabgeordneter waren zudem rechte Youtuber ins Reichstagsgebäude gelangt, wo sie andere Parlamentarier bedrängten.

Meuthen sagte, es sei nicht klug, mit dem Begriff „Ermächtigungsgesetz“ zu hantieren und damit „ganz bewusst Assoziationen an Hitlers Machtergreifung von 1933 zu erwecken“. Dies sei eine „implizite Verharmlosung der grauenhaften Untaten jener finsteren Zeit“, sagte der AfD-Vorsitzende.

„Verweigern wir diesen Leuten die Geschlossenheit“, forderte Meuthen in seiner Rede vor dem Parteitag, in der er eigentlich zum Leitantrag für ein Rentenkonzept sprechen sollte.

Er warnte davor, sich mit der Querdenken-Bewegung gemein zu machen. Dort demonstrierten auch Menschen mit „skurrilen und zum Teil systemfeindlichen Ansichten“. Meuthen warnte vor dem Bild, das entstehe, wenn einige AfD-Mitglieder „da jegliche Distanz vermissen lassen“. 

Meuthen mahnte, sieben Jahre nach Gründung der Partei seien die Erfolge der AfD „gefährdet wie noch nie“. Die AfD werde keinen Erfolg erzielen, wenn sie „immer derber, immer aggressiver“ auftrete. So verliere sie stattdessen viele Wähler. Mehr als alles andere brauche die AfD „innerparteiliche Disziplin“, sagte Meuthen. Dazu gehöre „untadeliges Verhalten“ aller Funktionäre und Mitglieder.

Gauland sagte am Rande des Parteitags dem Sender Phoenix, bei Querdenken demonstrierten „sehr viele bürgerliche Leute“ mit. Meuthen mache es sich mit seiner Beschimpfung „zu einfach“. Gauland verwies darauf, dass die Reaktion der Delegierten auf die Rede „sehr gemischt“ gewesen sei. Der Auftritt Meuthens sei ihm „zu viel Verbeugung vor dem Verfassungsschutz“.

Die jüngsten Vorkommnisse und verbalen Ausschreitungen hatten der Debatte über eine Beobachtung der gesamten AfD durch den Verfassungsschutz wieder befeuert. Gauland sagte, die AfD müsse „gegen den Verfassungsschutz kämpfen“. 

Gauland wandte sich gegen Kritik Meuthens an Vorkommnissen im Bundestag. Das Problem mit den Besuchern habe die Fraktion gelöst, „da muss sich der Parteivorsitzende nicht einmischen“. Er werde keine „Zensuren“ Meuthens für die Fraktionsführung akzeptieren. Statt an die Einheit der Partei zu appellieren, bestehe nun die Gefahr für die AfD, sich „in diesen Lagern zu verkämpfen“. Meuthen habe „viele Leute im Plenum vor den Kopf gestoßen“.

In der Debatte über die Renten- und Sozialpolitik debattierte der AfD-Parteitag über eine Leitantrag des Bundesvorstands. Er sieht das Festhalten an der umlagefinanzierten Rente mit Entlastungen für Familien bei den Beiträgen vor.   

In Kalkar folgten mehrere hundert Menschen dem Aufruf eines zivilgesellschaftlichen Bündnisses zu einer Kundgebung gegen die AfD. Die Demonstration sei friedlich verlaufen, die Teilnehmer hätten sich an die Corona-Auflagen gehalten, sagten Sprecher von Polizei und Organisatoren.

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