Erstmals geht ein deutscher Staatsbürger juristisch gegen syrische Funktionäre wegen Folter vor. Martin Lautwein habe nach seiner Haft in einem syrischen Gefängnis Anzeige beim Generalbundesanwalt erstattet, teilte das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), das ihn dabei unterstützte, am Dienstag mit. Lautwein sei 2018 sieben Wochen lang in einem Militärgefängnis in Damaskus inhaftiert gewesen. Zunächst hatten der Südwestrundfunk, der Westdeutsche Rundfunk und die „Süddeutsche Zeitung“ über den Fall berichtet.
Lautwein arbeitete im Irak und in Syrien für eine Hilfsorganisation, die medizinische Infrastruktur aufbaut. Auf einem Basar in Syrien wurde er dem Bericht zufolge zusammen mit einem australischen Kollegen verhaftet. Im Gefängnis sei er gefoltert worden, sagte er den Medien. In Verhören sei ihm vorgeworfen worden, für einen ausländischen Geheimdienst zu arbeiten, was er dementiert. Er habe auch gesehen, wie andere Häftlinge misshandelt und getötet worden seien. „Es geht darum, die Menschen mit allen Mitteln zu brechen“, sagte er.
Nach 48 Tagen kamen die beiden Kollegen frei. Tschechien habe die Freilassung verhandelt, heißt es in dem Bericht – das Land hatte als einziger EU-Staat noch eine Botschaft in Syrien. Mit Hilfe des ECCHR schloss sich Lautwein einer Anzeige von 13 Syrern an, die ursprünglich im März 2017 erstattet worden war. Sie richtet sich gegen ranghohe Funktionäre syrischer Militärgeheimdienste.
„Lautweins Aussage ist für die Aufarbeitung der Verbrechen in Syrien wichtig“, erklärte Patrick Kroker, Leiter des Syrienteams des ECCHR. „Bisher konnten Zeugen vor allem von Taten bis zum Jahr 2015 berichten, doch sein Fall belegt: Auch 2018 herrschten dieselben Zustände – vermutlich ist es bis heute so.“ In Koblenz läuft seit April der weltweit erste Prozess gegen syrische Verantwortliche wegen Staatsfolter.