Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Türkei wegen der Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung verurteilt. Die Entscheidungen türkischer Gerichte, zehn Journalisten nach dem gescheiterten Putschversuch gegen die Regierung von Recep Tayyip Erdogan im Sommer 2016 monatelang in Untersuchungshaft zu halten, „basierten auf einem bloßen Verdacht und nicht auf nachvollziehbaren Gründen“, urteilten die Richter am Dienstag in Straßburg. Die Türkei soll deshalb je 16.000 Euro an die Kläger zahlen
Die zehn Kläger arbeiteten zu der Zeit für die regierungskritische Tageszeitung „Cumhuriyet“. Unter den Festgenommenen war auch der damalige Chefredakteur Murat Sabuncu.
Nach einer Reihe veröffentlichter Artikel und Beiträge im Internet wurden die Journalisten von den Behörden beschuldigt, Propaganda für „terroristische Organisationen“ zu machen, unter anderem für die in der Türkei verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). Die Justiz ordnete daraufhin Untersuchungshaft gegen die Journalisten an; sie saßen zwischen sieben und 16 Monate im Gefängnis.
Dem Menschenrechtsgericht zufolge war die Inhaftierung der Journalisten nicht begründet, da sie lediglich Gebrauch von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung machten. Demnach gab es keine Beweise dafür, dass sie „Terroristen“ unterstützten. Die sieben Straßburger Richter, darunter einer aus der Türkei, stellten ferner fest, dass die Inhaftierung der Journalisten nicht nur gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstieß, sondern auch gegen türkisches Recht.
Die Türkei steht international regelmäßig wegen ihrer systematischen Einschränkung der Pressefreiheit in der Kritik. Das Land belegt derzeit den 154. Platz auf der Rangliste der internationalen Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen.