„Eine sehr explosive Situation“ – deutsche Politik verfolgt US-Wahl mit Sorge

Bundestag, Berlin
Bundestag, Berlin

Sorge, Bestürzung, Ratlosigkeit – die Präsidentschaftswahl in den USA wühlt auch die deutsche Politik auf. Besonders scharfe Kritik rief in Berlin die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump hervor, bereits vor Auszählung aller Stimmen den Sieg für sich zu beanspruchen und die Auszählung von Stimmen gerichtlich stoppen zu wollen. Die Reaktionen im Überblick:

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU):

Die Ministerin sieht wegen der Unsicherheit über den Wahlausgang „eine sehr explosive Situation“ in den USA. Sie widersprach Trumps Darstellung, er habe bereits die Wahl gewonnen: „Diese Wahl ist noch nicht entschieden“, sagte die CDU-Politikerin im ZDF, denn „die Stimmen werden noch ausgezählt“. Sie warnte angesichts des Auftretens von Trump vor „einer Verfassungskrise in den USA“ – dies sei „etwas, das uns insgesamt sehr beunruhigen muss“.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD):

Der Vizekanzler forderte eine komplette Auszählung aller Stimmen in den USA. „Wir sollten alle gemeinsam allerdings darauf bestehen, dass demokratische Wahlen auch komplett stattfinden“, sagte er. „Und das heißt, sie sind dann beendet, wenn alle Stimmen ausgezählt werden.“

SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider:

Das Vorgehen Trumps stelle die dringend nötige Stabilität in den USA in Frage. Zugleich zeige die Knappheit des Wahlergebnisses die Spaltung des Landes. Schneider äußerte sich mit Blick auf das Abschneiden Trumps erschrocken, wie sehr in die US-Mittelschicht „das Gift des Populismus eingeträufelt“ sei. Dies werde auch in Deutschland und Europa Wirkung zeigen.

FDP-Chef Christian Lindner:

Dass Trump noch vor Auszählung aller Stimmen den Wahlsieg für sich beanspruchte, führe zu einer „kritischen, einer bestürzenden Situation“, warnte Lindner im ZDF. „Damit bahnt sich eine dramatische Konfliktsituation in der amerikanischen Demokratie an mit unabsehbaren Folgen.“ Es könne nun eine Situation entstehen, in der die USA „auf der internationalen Bühne überhaupt nicht handlungsfähig sind“.

Grünen-Chef Robert Habeck:

„Wenn Trump das gewinnt, dann ist eine Wasserscheide überschritten, dann ändert sich die globale Ordnung fundamental“, sagte Habeck den Sendern RTL und n-tv. „Der Trumpismus ist robuster, als wir gedacht haben, und der geht auch nicht weg.“ Es scheine so, als habe die Corona-Pandemie „die Fliehkräfte, die vorher da waren, noch verstärkt“ und die politische Polarisierung weiter vorangetrieben.

Linken-Chef Bernd Riexinger:

„Trump hat seine gesamte Amtszeit über seine Verachtung für die Demokratie zum Ausdruck gebracht“, kritisierte der Linken-Vorsitzende. Er wertete Trumps frühzeitige Siegeserklärung als „erneuten Angriff auf das demokratische System“. Die Situation sei „brandgefährlich“, warnte Riexinger. „Trumps Maschinerie von Fake News und Einschüchterung läuft bereits, zusätzlich hat er seine Unterstützer unverhohlen zu Gewalt aufgerufen.“

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel:

Anders als Vertreter der anderen Parteien fand Weidel am Mittwoch auch lobende Worte für Trump. „Er hat das Establishment aufgebrochen“, sagte sie im ZDF. „Das war sein Wahlversprechen, und er hat das Versprechen eingehalten – das goutieren die Wähler.“ Weidel wies auch darauf hin, das Trump einer jener US-Präsidenten sei, „die keine Kriege angefangen haben“. Der US-Präsident habe eine „ganz feste Wählerbasis, die immer unterschätzt wurde“.

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