EU besorgt im Auftrag der Mitgliedstaaten hunderte Millionen Corona-Impfdosen

Symbolbild: Impfung
Symbolbild: Impfung

Im Gesundheitsbereich hat die EU eigentlich kaum Kompetenzen. Doch in der Corona-Pandemie soll Brüssel für ganz Europa Impfstoff beschaffen und für eine faire Verteilung sorgen. Nur wenn breite Teile der Bevölkerung geimpft sind, können voraussichtlich Beschränkungen im öffentlichen Leben und der Wirtschaft wieder gefahrlos aufgehoben werden. Wo die Bemühungen stehen:

Welche Rolle spielt die EU-Kommission?

Die Mitgliedstaaten hatten Brüssel im Frühjahr beauftragt, in ihrem Auftrag Verträge mit Impfstoffherstellern auszuhandeln. Sie setzen dabei darauf, dass die 27 EU-Länder zusammen bessere Konditionen erhalten und Impfstoffe früher geliefert bekommen. Um diese Bemühungen nicht zu unterlaufen, haben sich die Mitgliedstaaten laut einem Kommissionssprecher verpflichtet, „keine Parallelverhandlungen“ mit Herstellern zu führen.

Welche Verträge gibt es bisher?

Bisher gibt es drei feste Verträge mit den Herstellern Johnson&Johnson (200 Millionen Dosen plus Option auf weitere 200 Millionen), Sanofi-GSK (300 Millionen Dosen) und AstraZeneca (300 Millonen Dosen plus Option auf weitere 100 Millionen).

Der Vertrag mit Pfizer-Biontech, der noch diese Woche unterzeichnet werden soll, wäre damit der vierte. Hier geht es um 200 Millionen Dosen sowie um eine Option auf weitere 100 Millionen. Vorgespräche hat Brüssel darüber hinaus mit den Herstellern CureVac (225 Millionen Dosen) und Moderna (80 Millionen Dosen) abgeschlossen. Insgesamt kann die EU damit auf bis zu 1,7 Milliarden Dosen hoffen. 

Ist das nicht zu viel für die EU?

Die EU hat knapp 450 Millionen Einwohner. In den meisten Fällen sind zwei Dosen nötig, um einen Impfschutz zu gewährleisten. Rechnerisch wären damit 900 Millionen Dosen auf jeden Fall ausreichend. Es ist aber nicht sicher, ob tatsächlich alle Impfstoff-Entwicklungen zum Erfolg führen oder rasch genug gelingen. 

Die Kommission setzt deshalb auf mehrere Pferde und hofft, dass genügend rechtzeitig durch das Ziel laufen. Zudem hat die EU versprochen, auch ärmere Länder etwa in Afrika, die sich den Impfstoff nicht leisten können, kostenlos zu beliefern.

Wer bekommt in der EU wieviel Impfstoff?

Die EU-Kommission hat als einziges Verteilungskriterium den Anteil an der Bevölkerung festgelegt. Im Falle Deutschlands liegt dieser in der EU bei 18,6 Prozent. Aus dem Vertrag mit Pfizer-Biontech über bis zu 300 Millionen Dosen stünden der Bundesregierung damit maximal knapp 56 Millionen Dosen zu. Bei diesem Impfstoff muss pro Person zweimal geimpft werden, er würde also für rund 28 Millionen Menschen reichen.

Wer soll als erstes geimpft werden?

Diese Frage entscheiden jeweils die Mitgliedstaaten. Die EU-Kommission hat aber Empfehlungen herausgegeben. Aus ihrer Sicht sollten folgende Gruppen zuerst geimpft werden: Beschäftigte im Gesundheitswesen, über 60-Jährige, Menschen mit besonderen Gesundheitsrisiken, „systemrelevante Arbeitskräfte“ außerhalb des Gesundheitssektors und Beschäftigte, die keinen sozialen Abstand einhalten können, sowie „schutzbedürftige soziale und wirtschaftlich benachteiligte Randgruppen“.

Wie schnell ist eine Impfung der breiten Bevölkerung möglich?

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte Ende Oktober gesagt, dass sie im besten Fall ab April mit großen Mengen Impfstoff rechnet. Denn bisher laufen noch die klinischen Tests, kein Produkt ist bislang in der EU zugelassen. 

Teils produzieren die Hersteller zwar schon, aber die Massenproduktion wird erst in den kommenden Monaten hochgefahren. Nach Einschätzung des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach dürfte es ein Jahr dauern, bis genügend Menschen geimpft sind, um eine Verbreitung des Virus zu stoppen. 

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