Ex-Wirecard-Chef lässt vor Untersuchungsausschuss viele Fragen offen

Wirecard (über Mehaniq via Twenty20)
Wirecard (über Mehaniq via Twenty20)

Ex-Wirecard-Chef Markus Braun hat sich vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss rund um die spektakuläre Insolvenz des früheren Dax-Konzerns wenig auskunftsfreudig gezeigt – zugleich aber Aufsichtsbehörden und Wirtschaftsprüfer in Schutz genommen. Er habe „zu keiner Zeit die Feststellung getroffen oder auch nur Hinweise darauf erhalten, dass sich Behörden, Aufsichtsstellen oder Politiker nicht korrekt, pflichtwidrig oder in irgendeiner Form unlauter verhalten hätten“, verlas Braun in einer Erklärung. 

Zahlreiche Fragen der Abgeordneten ließ er unbeantwortet. „Ich werde heute keine weiteren Angaben über meine Erklärung hinaus machen“ – gleich dutzende Male fiel die Antwort Brauns identisch aus, unabhängig davon, ob die Parlamentarier von ihm wissen wollten, ob er etwas zu mutmaßlichen Geheimdienstverstrickungen des untergetauchten früheren Wirecard-Managers Jan Marsaleks sagen könne oder zu Kontakten ins Bundeskanzleramt, ob er jemals Finanzminister Olaf Scholz (SPD) getroffen habe oder wie der Titel seiner Doktorarbeit lautete. 

Teils schienen die Fragen dem einstigen Vorstandsvorsitzenden, der für die Zeugenbefragung aus der Untersuchungshaft in Bayern nach Berlin gebracht worden war, Unbehagen zu verursachen. Doch Braun, gekleidet in Sakko und dunklen Rollkragenpullover, blieb seiner Linie treu und berief sich dabei darauf, dass er von ihm „zeitnah“ beabsichtigte Angaben gegenüber der Münchener Staatsanwaltschaft nicht vorweg nehmen wolle.

„Ihnen ist bekannt, dass die Staatsanwaltschaft München I gegen mich und eine Vielzahl anderer Personen ein umfangreiches Ermittlungsverfahren führt“, verlas Braun in seiner Erklärung. Zuvor hatte der 51-Jährige in der vom Vorsitzenden des Ausschusses, Kay Gottschalk (AfD), eröffneten Sitzung lediglich Angaben zu seinem Alter, seinem Beruf und seinem derzeitigen Wohnsitz gemacht: „Wirtschaftsinformatiker“ und „JVA Augsburg“ lauteten die Antworten auf die beiden letzteren Fragen.

Er vertraue „in die Unabhängigkeit und Objektivität der Ermittlungsbehörden“ und darauf, dass verfahrensrelevante Sachverhalt rund um den „Verbleib der veruntreuten Unternehmensgelder“ umfassend aufgeklärt würden, verlas Braun. Am Ende würden unabhängige Gerichte entscheiden, wer die rechtliche Verantwortung für Zusammenbruch des Unternehmens trage. 

Wirecard hatte Ende Juni Insolvenz angemeldet. Der Zahlungsdienstleister soll jahrelang seine Bilanzen gefälscht haben. Insgesamt 1,9 Milliarden Euro, die auf Treuhandkonten in Asien liegen sollten, sind nicht auffindbar. Die Staatsanwälte verdächtigen Braun, einer der Hauptverantwortlichen für „gewerbsmäßigen Bandenbetrug“ zu sein, bei dem die Wirecard-Chefetage über Jahre Scheingeschäfte in Milliardenhöhe verbucht haben soll, um das Unternehmen über Wasser zu halten und Kredite zu erschwindeln.

Vor dem Untersuchungsausschuss verlas Braun weiter, dass er sich „zeitnah zu verfahrensrelevanten Sachverhalten persönlich äußern“ wolle. Er werde dies aber „zunächst und vorrangig“ gegenüber der Staatsanwaltschaft tun.

Zugleich fügte Braun in seiner Erklärung vor dem Ausschuss, der in erster Linie mögliche Versäumnisse der Bundesregierung und der Aufsichtsbehörden im Fall Wirecard aufklären soll, eine „zusammenfassende Anmerkung“ aus „persönlicher Sicht“ hinzu. Fehlverhalten, Pflichtwidrigkeit oder unlauteres Verhalten von Behörden oder Politik habe er nicht feststellen können. Dies gelte auch für den Aufsichtsrat und auch für die Wirtschaftsprüfer, die im Rahmen der Abschlussprüfungen „offenbar massiv getäuscht“ worden seien. 

Auch vor diesem Hintergrund sei „nicht nachvollziehbar, warum externe Aufsichtsstellen, die viel weiter weg sind, Versäumnisse zu verantworten haben sollen“, führte Braun weiter aus. Zu weiteren Details werde er sich nicht äußern und berufe sich „derzeit auf mein umfassendes Aussageverweigerungsrecht“. Zeugen müssen sich vor dem Ausschuss nicht selbst belasten. Inwiefern dies aber für alle Fragen der Parlamentarier zutrifft – insbesondere solchen zu politischen Kontakten -, bleibt für die Abgeordneten für den weiteren Verlauf des Untersuchungsausschusses nun zu klären.

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