Der scheidende Juso-Chef Kevin Kühnert hat die SPD-Nachwuchsorganisation in seiner Abschiedsrede dazu aufgerufen, an ihrem dezidiert linken Kurs festzuhalten. Die Corona-Krise habe gezeigt, dass sich viele Dinge umsetzen ließen, welche die Jusos lange gefordert hätten – etwa die Aussetzung der Schuldenbremse, massive staatliche Investitionen, Arbeitsplatzgarantien, sagte Kühnert am Samstag auf dem digitalen Juso-Bundeskongress.
„Warum soll das eigentlich nur in Krisenzeiten möglich sein?“, sagte er. „Die Finanzierung scheint offensichtlich nicht das Problem zu sein.“ Kühnert bekräftigte in diesem Zusammenhang die Juso-Forderung nach einer Wiedereinführung der Vermögensteuer.
Kühnert tritt nicht erneut für den Juso-Vorsitz an. Er will sich auf seine Rolle als SPD-Bundesvize konzentrieren und für den Bundestag kandidieren. In seiner emotionalen Abschiedsrede zeigte er sich zu Tränen gerührt.
„Das mag etwas merkwürdig sein für Leute, die da jetzt zuschauen – warum heult der da jetzt rum?“, sagte er mit tränenerstickter Stimme. Er habe „ein heftiges Pensum in den letzten Jahren gemacht“ und dabei immer die „bedingungslose Unterstützung“ der Jusos für „den ganzen Wahnsinn“ erhalten, fügte Kühnert hinzu. Es habe ihm einen „Bombenspaß“ gemacht.
Einzige Kandidatin für Kühnerts Nachfolge ist die 28-jährige Lehrerin Jessica Rosenthal aus Bonn. Rosenthal ging auf Distanz zu SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz. „Ich will keine Kampagne sehen, in der es immer nur um einen einzigen Menschen geht“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Samstag. „Olaf Scholz ist klar, dass er Angebote an die Jusos und junge Menschen machen muss. Die fordere ich ein.“
So pochten die Jusos unter anderem auf eine staatliche Ausbildungsgarantie, sagte Rosenthal. Außerdem müsse Kühnert im Wahlkampf eine führende Rolle spielen. Rund 300 Delegierte wählen die neue Vorsitzende per Briefwahl. Das Ergebnis soll am 8. Januar verkündet werden.
Rosenthal, die ebenfalls in den Bundestag strebt, lehnt die große Koalition mit der Union unverändert ab. Der SPD gelinge es nicht, trotz guter Arbeit ihrer Minister zu punkten, kritisierte sie in dem Funke-Interview. Rosenthal setzt auf ein Linksbündnis mit Grünen und Linken: „Das oberste Ziel dieses Bundestagswahlkampfes muss es sein, dass die Union aus dem Kanzleramt raus- und in die Opposition geschickt wird.“
Am Prinzip der Marktwirtschaft übte Rosenthal grundsätzliche Kritik. „Dieses kapitalistische Wirtschaftssystem wird auf Dauer nicht mehr funktionieren. Es beruht auf Ausbeutung des Menschen und der Natur“, sagte sie. Die Wirtschaft müsse demokratisiert, Beschäftigte an Unternehmen mit beteiligt werden.