Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Bürger um Verständnis für die ausgeweiteten Corona-Auflagen gebeten. Angesichts der anhaltend hohen Infektionszahlen wären Lockerungen „noch nicht verantwortbar“, da die „so dringend notwendige Trendumkehr nach unten“ weiter auf sich warten lasse, sagte Merkel am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Bundestag. Die Opposition kritisierte das Vorgehen von Bund und Ländern und forderte eine stärkere Einbindung des Bundestags.
Am Vorabend hatte sich Merkel mit den Regierungschefinnen – und -chefs der Länder darauf geeinigt, den Teil-Lockdown bis mindestens zum 20. Dezember zu verlängern und an manchen Stellen zu verschärfen. Zwar sei das „dramatische, exponentielle Wachstum“ gestoppt, sagte Merkel im Bundestag. Es gebe aber nun lediglich eine „Seitwärtsbewegung“ und keine Senkung der Zahlen, deswegen seien weitere Maßnahmen nötig.
„Unser Ziel ist und bleibt es, die Infektionszahlen so weit zu senken, dass die Gesundheitsämter wieder in der Lage sind, Infektionsketten zu erkennen und zu unterbrechen“, betonte Merkel. Dies sei dann erreicht, wenn die Zahl der Neuansteckungen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen unter 50 sinke. In den meisten Regionen liegt der Wert derzeit deutlich darüber.
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch kritisierte das Vorgehen von Bund und Ländern: Die Spitzenrunde aus Kanzlerin und Ministerpräsidenten sei „nicht legitimiert“, zur Corona-Bekämpfung Grundrechtseingriffe zu beschließen – dies müsse der Bundestag tun.
FDP-Fraktionschef Christian Lindner warf der Bundesregierung eine falsche Schwerpunktsetzung vor. Sie setze bisher auf Maßnahmen „in der Breite“, um ein Übergreifen auf besonders gefährdete Gruppen zu vermeiden.
Die AfD übte fundamentale Kritik. „Die Kollateralschäden sind jetzt schon größer als die, die das Virus anrichtet“, sagte Fraktionschefin Alice Weidel. Der derzeitige Lockdown werde viele endgültig um ihre Existenz bringen.
Prinzipielle Zustimmung kam von Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter. Die Beschlüsse seien „richtig“. Allerdings sei er „mal eher vorsichtig, ob die Maßnahmen ausreichen“.
Die Koalitionsfraktionen unterstützten die Beschlüsse der Bund-Länder-Runde. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) sagte allerdings, er hätte sich noch „konsequentere Maßnahmen gewünscht“. An die Länder appellierte er, sich stärker an den Hilfen für die von Schließung Betroffenen zu beteiligen.
Kritik an der einseitigen Kostenbelastung für den Bund kam am Donnerstag auch von der SPD: Im Dezember könne der Bund die Kosten für die Überbrückungshilfen noch zahlen, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider der „Welt“. „Sollten auch im Januar solche massiven Hilfen nötig werden, stellt sich natürlich die Frage, ob der Bund weiter fast alleine die Kosten stemmt.“
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte im Bundestag, er hätte sich „an der einen oder anderen Stelle etwas mehr vorstellen können“ – insbesondere im Bereich der Hotspot-Strategie. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich lobte die Vereinbarungen als „angemessen, nachvollziehbar und lebensnah“.
Nach Aussage von Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) müssen sich die Bundesbürger womöglich bis in den März auf Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie einstellen. „Vor uns liegen schwierige Wintermonate. Das geht bis März“, sagte Braun auf RTL. Nach dem März könnten wahrscheinlich immer mehr Menschen geimpft werden.