Neuer Höhenflug für die „Taube“ Janet Yellen

Janet Yellen - Bild: twitter/JanetYellenBlog
Janet Yellen - Bild: twitter/JanetYellenBlog

Janet Yellen wird ihre ganze Erfahrung als Krisenmanagerin benötigen. Als designierte US-Finanzministerin muss die 74-Jährige künftig gegen die dramatischen wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie ankämpfen. Zweifel an ihrer Kompetenz und Eignung gibt es keine: Die angesehene Wirtschaftsexpertin war zwischen 2014 und 2018 die erste Frau an der Spitze der mächtigen US-Notenbank Fed. Jetzt wird sie, eine Bestätigung des Senats vorausgesetzt, als erste US-Finanzministerin Geschichte schreiben.

Es ist die Krönung einer eindrucksvollen Karriere – die just durch den abgewählten Präsidenten Donald Trump einen Knick erfahren hatte. Trump hatte Yellen 2018 eine zweite Amtszeit als Fed-Chefin verweigert.

Im Wahlkampf hatte der Republikaner der kleingewachsenen Dame mit dem silberweißen Haar vorgeworfen, mit einer Niedrigzinspolitik an den Märkten eine „große, fette, hässliche Blase“ für die Demokraten zu schaffen. Das hinderte Trump freilich nicht daran, als Präsident in den folgenden Jahren immer wieder Yellens Nachfolger Jerome Powell für Anhebungen des Leitzinses zu kritisieren.

Yellen ist eine Verfechterin einer lockeren Geldpolitik, um Wirtschaftswachstum und Beschäftigung zu fördern. Als „Tauben“ werden Anhänger dieses Kurses bezeichnet, während „Falken“ für eine striktere Geldpolitik im Kampf gegen mögliche Inflation sind.

In der Corona-Krise warb Yellen zuletzt für mehr Staatshilfen, um die Wirtschaft zu stützen. „Fiskalpolitik spielt jetzt eine sehr wichtige Rolle“, sagte sie kürzlich. „Ich denke, es ist von grundlegender Bedeutung.“

Die USA hatten im Frühjahr mehrere riesige Rettungspakete für die in die Krise gerutschte Wirtschaft aufgelegt. Doch während Experten einschließlich Fed-Chef Powell dringend weitere Hilfen anmahnen, herrscht seit Monaten eine Blockade zwischen der Regierung, Trumps Republikanern im Kongress und den Demokraten. Sollte bis zum Amtsantritt des gewählten Präsidenten Joe Biden am 20. Januar kein neues Hilfspaket stehen, wird das für Yellen oberste Priorität haben.

Und mit Hilfsprogrammen kennt die 1946 im New Yorker Stadtteil Brooklyn als Tochter eines jüdischen Arztes geborene Yellen sich aus. 2010 wurde sie Vize-Chefin der US-Notenbank und verantwortlich für die Finanzhilfen zur Bekämpfung der weltweiten Finanzkrise. Die mit dem Wirtschaftsnobelpreisträger George Akerlof verheiratete Yellen ist außerdem eine ausgewiesene Arbeitsmarktexpertin – sehr hilfreich gerade jetzt, da die USA wegen Corona unter anhaltend hoher Arbeitslosigkeit leiden.

Yellen tritt außerdem für einen entschiedenen Kampf gegen die Erderwärmung ein. „Wir brauchen Politik, die beim Klimawandel einen großen Unterschied ausmacht“, sagte sie kürzlich. Yellen wirbt unter anderem für eine CO2-Steuer, was beim linken Demokraten-Flügel auf viel Zustimmung stößt.

Yellen studierte an den Eliteuniversitäten Brown und Yale und pendelte in den folgenden Jahrzehnten zwischen Notenbank und Lehre. In ihrer langen Hochschulkarriere wirkte sie an den US-Spitzenuniversitäten Harvard und Berkeley und an der London School of Economics and Political Science (LSE). 

Ende der 1970er Jahre begann Yellen als Ökonomin bei der Fed, später wurde sie Mitglied im Vorstand der Zentralbank, beriet dann Ende der 1990er Jahre Präsident Bill Clinton und übernahm später die Leitung des Fed-Ablegers in San Francisco.

2014 dann übernahm Yellen unter Präsident Barack Obama als erste Frau die Geschichte der Führung der US-Notenbank. Das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ bezeichnete sie damals als mächtigste Frau der Welt nach Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Als US-Finanzministerin wird Yellen wieder in den Kreis der weltweit mächtigsten Frauen aufsteigen.

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