Weil ein Schöffe während der Verhandlung ein kurzes Nickerchen machte, muss das Landgericht Kassel neu über eine Anklage wegen Steuerhinterziehung entscheiden. Die Richterbank sei nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen, befand der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss. (Az: 1 StR 616/19)
Dem Angeklagten wirft die Staatsanwaltschaft Steuerhinterziehung, Untreue, Urkundenfälschung und Bestechlichkeit vor. Das Landgericht Kassel verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren.
Doch ein Schöffe war offenbar nicht immer ganz bei der Sache. Als der Staatsanwalt die Anklage verlas, beobachtete der Verteidiger, dass der Schöffe „die Augen geschlossen, den Mund leicht geöffnet und eine erschlaffte Sitzhaltung eingenommen hatte“. Mindestens eine Minute lang habe der Schöffe sich nicht bewegt. Selbst als der Anwalt den Vorsitzenden Richter bat, sich der Wachheit des Schöffen zu vergewissern, reagierte dieser nicht.
Weil der Staatsanwalt diese Beobachtungen später zu großen Teilen bestätigen konnte, sah der BGH sie als erwiesen an. Dabei sei die Verlesung der Anklage „ein wesentlicher Teil der Hauptverhandlung“. Dem sei hier der Schöffe „während einer erheblichen Zeitspanne schlafbedingt nicht gefolgt“.
Dies sei ein „absoluter Revisionsgrund“, entschied der BGH. Dies bedeutet, dass die Vorinstanz unabhängig von inhaltlichen Fragen neu verhandeln muss. Im konkreten Fall gebe es zudem aber offenbar auch Rechenfehler.