Bei den Verhandlungen mit Großbritannien über ein Handelsabkommen nach dem Brexit ist noch kein Ende absehbar. Es gebe „greifbare Fortschritte“ in einigen Bereichen, aber weiter deutliche Differenzen in anderen, sagte ein EU-Diplomat am Freitag nach der Information der Mitgliedstaaten über den Gesprächsstand. Es gebe „wachsende Besorgnis, dass der Verhandlungsprozess nicht schnell genug vorankommt, um bis zur Frist am Jahresende eine Ratifizierung eines möglichen Abkommens zu garantieren“.
Großbritannien war zum 1. Februar aus der EU ausgetreten. Bis Jahresende bleibt es aber noch im EU-Binnenmarkt und der Zollunion. Diese Übergangsphase wollten beide Seiten eigentlich nutzen, um ein Handelsabkommen auszuhandeln. Die Gespräche kommen aber seit Monaten kaum voran.
Hauptstreitpunkte sind faire Wettbewerbsbedingungen, die Kontrolle eines künftigen Abkommens und die Fangrechte für EU-Fischer in britischen Gewässern. Hier schrumpfe der Abstand zwischen beiden Seiten „nur langsam“, sagte der EU-Diplomat. „Dennoch ist die Hoffnung, dass die Verhandlungen schnell abgeschlossen werden können, wenn und sobald die notwendigen politischen Entscheidungen in London getroffen werden.“
Ein EU-Vertreter sprach von „etwas Bewegung“ in den umstrittenen Bereichen. Im Wettbewerbssektor seien aber die britischen Zugeständnisse beim Umgang mit Staatshilfen „nicht ausreichend“. Bei Fischerei habe sich nichts bewegt. Fortschritte habe es jüngst in den Bereichen Verkehr sowie Justiz- und Polizeizusammenarbeit gegeben.
Angesichts der unklaren Lage seien sich die EU-Staaten einig, „dass die Notfallplanung parallel vorangetrieben werden muss“, sagte der EU-Diplomat. „Die EU muss auf jedes mögliche Ergebnis vorbereitet sein.“
Der EU-Vertreter sagte, die Staats- und Regierungschefs hätten bei ihrer Video-Konferenz am Donnerstag gefordert, alle Dokumente zur Notfallplanung zu veröffentlichen. Die EU-Kommission sei aber der Meinung, dass dies in den laufenden Verhandlungen „nicht die richtige Botschaft“ sei.
Ohne Einigung würden im beiderseitigen Handel zum Jahreswechsel Zölle erhoben. Wirtschaftsverbände rechnen dann nicht nur mit massiven Staus an den Grenzen im Lieferverkehr, sondern auch mit Milliarden an Mehrkosten und Einnahmeausfällen.