Opposition und Gewerkschaften fordern klare Entscheidungen bei Autogipfel

Bundeskanzleramt in Berlin
Bundeskanzleramt in Berlin

Vor dem Autogipfel im Bundeskanzleramt wächst der Druck auf die Beteiligten, für konkrete Entscheidungen und weitere Anstrengungen in der Verkehrswende zu sorgen. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Cem Özdemir (Grüne), kritisierte, dass sich die Bundesregierung bislang „von Autogipfel zu Autogipfel hangelt.“ Doch damit allein „kann man keine Transformation unserer wichtigsten Industrie erfolgreich gestalten“. Gewerkschaften und Verbände drängten auf eine weitere staatliche Unterstützung der Autoindustrie im Bereich E-Mobilität. Umweltschützer sehen dagegen die Industrie in der Verantwortung. 

Özdemir zufolge sind die Anstrengungen zur Verkehrswende, die die Bundesregierung unternommen hat, nicht ausreichend. „Wir müssen in allen relevanten Bereichen die Technologieführerschaft anstreben“, sagte der Grünen-Politiker den Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft vom Dienstag. Sollten die Grünen im kommenden Jahr auf Bundesebene mitregieren und den neuen Bundesverkehrsminister stellen, werde es dennoch kein abruptes Ende des Verbrennungsmotors geben, betonte Özdemir.

Die Umweltschutzorganisation BUND warnte vor weiteren „Steuergeschenken“ an die Automobilbranche. Eine Verlängerung der bestehenden Förderung des Kaufs von Elektroautos und Plug-in-Hybriden über das Jahr 2021 hinaus sei „inakzeptabel“, erklärte BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg. Besonders bei den nur teilweise elektrisch fahrenden Plug-in-Hybriden sei die Förderung unter Gesichtspunkten des Klimaschutzes „fatal“.

Zudem rief der BUND die Politik auf, den Rufen der Autoindustrie nach einem Gipfel für den Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos eine Absage zu erteilen. Für die Infrastruktur sei die Wirtschaft und nicht der Staat zuständig, hieß es zur Begründung.

Anders sieht das die Gewerkschaft IG Metall im stark von der Autoindustrie geprägten Baden-Württemberg. Der baden-württembergische IG Metall-Bezirksleiter Roman Zitzelsberger mahnte im SWR ein stärkeres Engagement der Politik beim Ausbau der Infrastruktur für Elektroautos an, da bislang bei weitem nicht genügend Ladesäulen zur Verfügung stünden. „Wir sagen ja, die Zukunft des Pkws wird Elektromobilität sein, aber hier muss die Voraussetzung seitens der Politik geschaffen werden“, sagte Zitzelsberger.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) forderte einen Gipfel für Elektromobilität. Ein Hochlauf könne „nur gemeinsam“ zum Erfolg gebracht werden, erklärte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Es ist richtig, sich jetzt mit der Politik und allen beteiligten Akteuren an einen Tisch zu setzen, um die Rahmenbedingungen für einen nachhaltigen Markterfolg der Elektromobilität zu gestalten.“

Aktuell sind laut einer Hochrechnung des BDEW rund 240.000 vollelektrische Fahrzeuge zugelassen. Für diese stehen demnach gut 33.100 öffentliche Ladepunkte zur Verfügung. Doch insgesamt seien die vorhandenen Ladepunkte wirtschaftlich nicht ausgelastet. Dafür seien mindestens 550.000 vollelektrische Fahrzeuge erforderlich.

Die FDP drängte derweil zu einer Deregulierung in der Autobranche in der Krise. „Die deutsche Leitindustrie muss schnellstmöglich von den Fesseln der Flottengrenzwerte befreit werden“, forderte FDP-Fraktionsvize Frank Sitta. Eine langfristige Erholung der Automobilbranche im Sinne eines umfassenden Klimaschutzes werde nur mit „Technologie- und Innovationsoffenheit“ erreicht, indem auch synthetische Kraftstoffe „nicht weiter ausgebremst werden“.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) tauscht sich am Dienstagabend erneut mit Vertretern der Automobilindustrie zur Zukunft der Branche in Deutschland aus. Teilnehmer des virtuellen Autogipfels im Rahmen der sogenannten Konzertierten Aktion Mobilität sind zudem mehrere Bundesminister und Ministerpräsidenten sowie neben Gewerkschaftsvertretern auch die Spitzen von Union und SPD. 

Die Branche steht derzeit unter Druck: Während einerseits die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise vor allem viele Zulieferer in Bedrängnis bringt, wachsen andererseits die Anforderungen an Klimaschutz und Emissionen. Für Diskussionen gesorgt hatten zuletzt neben dem Ausbau des Ladenetzes für Elektroautos auch Forderungen nach einer Lkw-Abwrackprämie. 

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